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Leadership

 

 

Mitarbeiter-Anzahl als Stellschraube zum Reduzieren von Druck

 

Bei der Ermittlung der erforderlichen Mitarbeiterzahl für einen Organisationsbereich werden oft Personal-Benchmarks herangezogen. Diese sind als erste Richtinformation ganz hilfreich, sollten aber nicht unreflektiert in die Praxis umgesetzt werden. Manchmal ist sogar eine verglichen mit den Benchmarks höhere Personalausstattung sinnvoll.


Benchmarks sind eine bequeme Begründung, aber oft nicht zielführend

 

Führungskräften fällt es manchmal schwer zu beurteilen, ob die Mitarbeiter wirklich effektiv arbeiten, da sie diese gottseidank nicht ständig bei der Arbeit beobachten können, sondern lediglich sehen, welche Ergebnisse sie erbringen und wieviel Zeit sie dafür brauchen. Ist die Führungskraft fachlich nicht so tief mit der Materie vertraut, fehlt ihr auch das Gefühl, ob der Zeitaufwand angemessen ist. Sind die Kosten zu hoch, ist ein Blick über den Firmenzaun oft ganz hilfreich: Wie sieht es in anderen Unternehmen der gleichen Branche in einem ähnlichen Umfeld personalmäßig aus? Kommt man durch diesen Benchmark-Vergleich zu der Erkenntnis, dass andere Unternehmen mit deutlich weniger Personal auskommen, liegt die Versuchung nahe, Personal abzubauen und den Abbau mit den Benchmarks zu begründen. Das kann richtig sein, es kann aber auch bestehende Probleme dramatisch verstärken.

 

Betrachtet man nur die Anzahl der Mitarbeiter, berücksichtigt aber nicht, inwieweit die Prozesse vergleichbar sind, kann der Personalabbau eine fatale Fehlentscheidung sein. Zwei Unternehmen können durchaus das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung erstellen. Unternehmen A hat effiziente Prozesse und kommt mit weniger Mitarbeitern aus, Unternehmen B hat mäßig effiziente Prozesse und dadurch meist auch mehr Mitarbeiter und ein Kostenproblem. Beim Blick auf die Benchmarks würde man im Unternehmen B den Eindruck gewinnen, dass man zu viel Personal hat und den Personalstand reduzieren müsste. Das wird dann oft auch gemacht, aber ohne vorher die Prozesse optimiert zu haben. Folge: Der Druck auf die Mitarbeiter steigt, ebenso die Krankenstände, innere Kündigung, Fluktuation und ähnliche negative Begleiterscheinungen. Die Mitarbeiter reden dann von „Kranksparen“.

Machen Sie eine Gesamtrechnung?

 

Fluktuation erfordert Neubesetzungen mit Suche und Einarbeitung. Erfolgt die Einarbeitung schlampig (weil sich niemand dafür ausreichend Zeit nehmen kann), erreicht der neue Mitarbeiter nicht die erwarteten Ergebnisse, wird aber daran gemessen, ist frustriert und geht wieder. Soll die Einarbeitung gut erfolgen, braucht es deutlich mehr Zeit - meist von guten Mitarbeitern, die ohnehin schon überlastet sind und denen dann wieder Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben fehlen, die dadurch noch mehr unter Druck kommen, ihre Ziele nicht erreichen, Fehler machen und dafür Kritik ernten. Auch hier ist Frust vorprogrammiert.

 

Der Managementfehler ist dabei, dass selten die Gesamtrechnung gemacht wird, in der die Kosten für Krankenstände, Fluktuation, Ineffizienz durch „Jammerrunden“ etc. eingerechnet werden und dann die Frage gestellt wird: Wieviel dieser Verluste könnten wir uns sparen, wenn wir 1 - 2 Mitarbeiter mehr hätten? Wenn wir beispielsweise einen Mitarbeiter-Pool hätten, damit man eingearbeitete Mitarbeiter zum Einspringen hat, wenn kurzfristig ein Engpass auftaucht (z.B.: wenn zu einem Dauerkrankenstand plötzlich kurzfristig 2 Mitarbeiter ausfallen). Pool-Mitarbeiter drehen ja keine Däumchen, wenn sie gerade nicht einspringen müssen, sondern bearbeiten Aufgaben mit nicht so hoher Dringlichkeit, die im Falle des Einspringens prioritätsmäßig zurückgestellt werden.

 

Es wird kaum die Rechnung gemacht, wie viele Kunden nicht gewonnen werden können, weil zu wenige Mitarbeiter da sind (oder diese überlastet, frustriert, unfreundlich sind). Es wird kaum die Rechnung gemacht, wie viele der bestehenden Kunden verloren werden, weil sie sich zu wenig gut betreut fühlen, Fehler passieren, auf Reklamationen spät oder unprofessionell reagiert wird. Ich kenne ein Bespiel aus einem Dienstleistungsunternehmen, bei dem die Mitarbeiter die Geschäftsführung mehrmals darauf hingewiesen haben, dass man einen zusätzlichen Mitarbeiter benötigen würde, um die bestehenden Kunden ausreichend zu betreuen (von Neukundengewinnung war gar keine Rede mehr). Die Geschäftsführung hat nicht nur diesen zusätzlichen Mitarbeiter nicht genehmigt, sondern auch den Ersatz eines „zufällig“ akut gewordenen Dauerkrankenstands abgelehnt (dadurch fiel ein Mitarbeiter 10 Monate aus). Die Folge war, dass wegen des schlechten Services durch verlängerte Bearbeitungszeiten drei Bestandskunden weg gebrochen sind und damit ein jährlicher Deckungsbeitrag von über 1 Million Euro verloren wurde. Vergleicht man das mit den Personalkosten von zwei Mitarbeitern, dann kann man den Ärger der Mitarbeiter verstehen.

Und wenn „der Hund wo anders begraben liegt“?

 

Mehr Personal ist natürlich kontraproduktiv, wenn das eigentliche Problem wo anders liegt. Bestehen deutlich ineffiziente Prozesse, dann würde man durch mehr Personal das unwirtschaftliche System unterstützen und stabilisieren. Ähnliches gilt, wenn die Qualifikation oder die Motivation einzelner Mitarbeiter das Thema ist, wenn falsche Prioritäten gesetzt wurden, wenn Mitarbeiter ihre Aufgaben nicht richtig verstanden haben, wenn ein zu hoher Qualitätslevel angestrebt wird, den der Kunde gar nicht honoriert.

 

Oft wäre ein erster Schritt, sich die Aufgaben und Abläufe genauer anzusehen, zu entrümpeln und zu optimieren. Aber genau hier trifft man oft auf einen Teufelskreis: der Zeitdruck ist schon so groß, dass man es gerade noch schafft, das Tagesgeschäft zu bewältigen, aber man hat keine Zeit, sich Gedanken über Entrümpeln und Optimieren zu machen. Dadurch bleibt ein System mit Zeit- und Ressourcenverschwendung aufrecht. Hier kann es sinnvoll sein, Personalkapazitäten kurzfristig aufzustocken, um das System zu stabilisieren und zu optimieren – dann sollte es mittelfristig zu einer Entlastung kommen. Dieses Aufstocken kann in Form von Überstunden erfolgen, die dann als Zeitausgleich genommen werden, wenn die Vereinfachungsmaßnahmen greifen. Es kann auch bedeuten, den Personalstand vorübergehend zu erhöhen (wenn den bestehenden Mitarbeitern Überstunden nicht mehr zugemutet werden können) und nach dem Greifen der Optimierungsschritte natürliche Fluktuation zu nützen, um diese Kapazitäten wieder zu reduzieren.

 

Die Auswirkung auf Frustration / Motivation ist ein wichtiger Punkt: Mitarbeiter reagieren meist mit Frustration, wenn das Management die Hinweise der Mitarbeiter auf Unterbesetzung einfach ignorieren. Diesen Frust kann man reduzieren, wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Leitung das Thema „gefühlte Personalknappheit“ ernst nimmt, die Ursachen analysiert und sinnvolle Maßnahmen zur Druckentlastung setzt das.

 

Das wird in den meisten Fällen kein zusätzliches Personal bedeuten, wenn man bei den anderen Stellschrauben ausreichende Effekte erzielt. Sind diese aber schon ausgereizt, ist es durchaus eine sinnvolle Option, um einen Kollaps zu vermeiden.

 

19.09.2010

 

 


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Bei der Ermittlung der erforderlichen Mitarbeiterzahl für einen Organisationsbereich werden oft Personal-Benchmarks herangezogen. Diese sind als erste Richtinformation ganz hilfreich, sollten aber nicht unreflektiert in die Praxis umgesetzt werden. Manchmal ist sogar eine verglichen mit den Benchmarks höhere Personalausstattung sinnvoll.


Benchmarks sind eine bequeme Begründung, aber oft nicht zielführend

 

Führungskräften fällt es manchmal schwer zu beurteilen, ob die Mitarbeiter wirklich effektiv arbeiten, da sie diese gottseidank nicht ständig bei der Arbeit beobachten können, sondern lediglich sehen, welche Ergebnisse sie erbringen und wieviel Zeit sie dafür brauchen. Ist die Führungskraft fachlich nicht so tief mit der Materie vertraut, fehlt ihr auch das Gefühl, ob der Zeitaufwand angemessen ist. Sind die Kosten zu hoch, ist ein Blick über den Firmenzaun oft ganz hilfreich: Wie sieht es in anderen Unternehmen der gleichen Branche in einem ähnlichen Umfeld personalmäßig aus? Kommt man durch diesen Benchmark-Vergleich zu der Erkenntnis, dass andere Unternehmen mit deutlich weniger Personal auskommen, liegt die Versuchung nahe, Personal abzubauen und den Abbau mit den Benchmarks zu begründen. Das kann richtig sein, es kann aber auch bestehende Probleme dramatisch verstärken.

 

Betrachtet man nur die Anzahl der Mitarbeiter, berücksichtigt aber nicht, inwieweit die Prozesse vergleichbar sind, kann der Personalabbau eine fatale Fehlentscheidung sein. Zwei Unternehmen können durchaus das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung erstellen. Unternehmen A hat effiziente Prozesse und kommt mit weniger Mitarbeitern aus, Unternehmen B hat mäßig effiziente Prozesse und dadurch meist auch mehr Mitarbeiter und ein Kostenproblem. Beim Blick auf die Benchmarks würde man im Unternehmen B den Eindruck gewinnen, dass man zu viel Personal hat und den Personalstand reduzieren müsste. Das wird dann oft auch gemacht, aber ohne vorher die Prozesse optimiert zu haben. Folge: Der Druck auf die Mitarbeiter steigt, ebenso die Krankenstände, innere Kündigung, Fluktuation und ähnliche negative Begleiterscheinungen. Die Mitarbeiter reden dann von „Kranksparen“.

Machen Sie eine Gesamtrechnung?

 

Fluktuation erfordert Neubesetzungen mit Suche und Einarbeitung. Erfolgt die Einarbeitung schlampig (weil sich niemand dafür ausreichend Zeit nehmen kann), erreicht der neue Mitarbeiter nicht die erwarteten Ergebnisse, wird aber daran gemessen, ist frustriert und geht wieder. Soll die Einarbeitung gut erfolgen, braucht es deutlich mehr Zeit - meist von guten Mitarbeitern, die ohnehin schon überlastet sind und denen dann wieder Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben fehlen, die dadurch noch mehr unter Druck kommen, ihre Ziele nicht erreichen, Fehler machen und dafür Kritik ernten. Auch hier ist Frust vorprogrammiert.

 

Der Managementfehler ist dabei, dass selten die Gesamtrechnung gemacht wird, in der die Kosten für Krankenstände, Fluktuation, Ineffizienz durch „Jammerrunden“ etc. eingerechnet werden und dann die Frage gestellt wird: Wieviel dieser Verluste könnten wir uns sparen, wenn wir 1 - 2 Mitarbeiter mehr hätten? Wenn wir beispielsweise einen Mitarbeiter-Pool hätten, damit man eingearbeitete Mitarbeiter zum Einspringen hat, wenn kurzfristig ein Engpass auftaucht (z.B.: wenn zu einem Dauerkrankenstand plötzlich kurzfristig 2 Mitarbeiter ausfallen). Pool-Mitarbeiter drehen ja keine Däumchen, wenn sie gerade nicht einspringen müssen, sondern bearbeiten Aufgaben mit nicht so hoher Dringlichkeit, die im Falle des Einspringens prioritätsmäßig zurückgestellt werden.

 

Es wird kaum die Rechnung gemacht, wie viele Kunden nicht gewonnen werden können, weil zu wenige Mitarbeiter da sind (oder diese überlastet, frustriert, unfreundlich sind). Es wird kaum die Rechnung gemacht, wie viele der bestehenden Kunden verloren werden, weil sie sich zu wenig gut betreut fühlen, Fehler passieren, auf Reklamationen spät oder unprofessionell reagiert wird. Ich kenne ein Bespiel aus einem Dienstleistungsunternehmen, bei dem die Mitarbeiter die Geschäftsführung mehrmals darauf hingewiesen haben, dass man einen zusätzlichen Mitarbeiter benötigen würde, um die bestehenden Kunden ausreichend zu betreuen (von Neukundengewinnung war gar keine Rede mehr). Die Geschäftsführung hat nicht nur diesen zusätzlichen Mitarbeiter nicht genehmigt, sondern auch den Ersatz eines „zufällig“ akut gewordenen Dauerkrankenstands abgelehnt (dadurch fiel ein Mitarbeiter 10 Monate aus). Die Folge war, dass wegen des schlechten Services durch verlängerte Bearbeitungszeiten drei Bestandskunden weg gebrochen sind und damit ein jährlicher Deckungsbeitrag von über 1 Million Euro verloren wurde. Vergleicht man das mit den Personalkosten von zwei Mitarbeitern, dann kann man den Ärger der Mitarbeiter verstehen.

Und wenn „der Hund wo anders begraben liegt“?

 

Mehr Personal ist natürlich kontraproduktiv, wenn das eigentliche Problem wo anders liegt. Bestehen deutlich ineffiziente Prozesse, dann würde man durch mehr Personal das unwirtschaftliche System unterstützen und stabilisieren. Ähnliches gilt, wenn die Qualifikation oder die Motivation einzelner Mitarbeiter das Thema ist, wenn falsche Prioritäten gesetzt wurden, wenn Mitarbeiter ihre Aufgaben nicht richtig verstanden haben, wenn ein zu hoher Qualitätslevel angestrebt wird, den der Kunde gar nicht honoriert.

 

Oft wäre ein erster Schritt, sich die Aufgaben und Abläufe genauer anzusehen, zu entrümpeln und zu optimieren. Aber genau hier trifft man oft auf einen Teufelskreis: der Zeitdruck ist schon so groß, dass man es gerade noch schafft, das Tagesgeschäft zu bewältigen, aber man hat keine Zeit, sich Gedanken über Entrümpeln und Optimieren zu machen. Dadurch bleibt ein System mit Zeit- und Ressourcenverschwendung aufrecht. Hier kann es sinnvoll sein, Personalkapazitäten kurzfristig aufzustocken, um das System zu stabilisieren und zu optimieren – dann sollte es mittelfristig zu einer Entlastung kommen. Dieses Aufstocken kann in Form von Überstunden erfolgen, die dann als Zeitausgleich genommen werden, wenn die Vereinfachungsmaßnahmen greifen. Es kann auch bedeuten, den Personalstand vorübergehend zu erhöhen (wenn den bestehenden Mitarbeitern Überstunden nicht mehr zugemutet werden können) und nach dem Greifen der Optimierungsschritte natürliche Fluktuation zu nützen, um diese Kapazitäten wieder zu reduzieren.

 

Die Auswirkung auf Frustration / Motivation ist ein wichtiger Punkt: Mitarbeiter reagieren meist mit Frustration, wenn das Management die Hinweise der Mitarbeiter auf Unterbesetzung einfach ignorieren. Diesen Frust kann man reduzieren, wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Leitung das Thema „gefühlte Personalknappheit“ ernst nimmt, die Ursachen analysiert und sinnvolle Maßnahmen zur Druckentlastung setzt das.

 

Das wird in den meisten Fällen kein zusätzliches Personal bedeuten, wenn man bei den anderen Stellschrauben ausreichende Effekte erzielt. Sind diese aber schon ausgereizt, ist es durchaus eine sinnvolle Option, um einen Kollaps zu vermeiden.

 

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