Das Team als Stellschraube zum Reduzieren von Druck – Teil 1
Was man als Trainer von Hotel-Mitarbeitern lernen kann
Im Rahmen von Führungstrainings für einen deutschen Kunden hatte ich drei Mal im Abstand von ca. 1 Jahr im gleichen Hotel in der Nähe von Dortmund zu tun. Ein typisches Hotel einer größeren Hotelkette: groß, gut organisiert, vordergründig irgendwie unpersönlich. Auf den zweiten Blick habe ich mich dort alle drei Mal sehr wohl gefühlt - und es waren interessante Dinge zu beobachten. Ein Beispiel: Die Mitarbeiterin der Rezeption telefonierte offenbar mit einem Kunden. Sie hatte einen professionellen, freundlichen Ton und lächelte. Als das Gespräch zu Ende war, legte sie den Hörer auf – und das Lächeln war noch einige Sekunden auf ihrem Gesicht. Sie war einfach gut drauf und strahlte das auch aus. Ähnliches bemerkte ich auch beim Service-Personal. Das war keine aufgesetzte Freundlichkeit, sondern eine Herzlichkeit, die ich sonst aus Großhotels nicht kenne. Als ich das dritte Mal dort war, fiel mir zusätzlich auf, dass ich viele Mitarbeiter von meinen vorigen Aufenthalten schon kannte, was auf eine niedrige Fluktuation schließen ließ. Auch mein „persönlicher Seminar-Betreuer“ war alle drei Mal der Gleiche.
Als ich ihn auf meine Beobachtungen ansprach, freute er sich: „Schön, dass Sie es als Gast spüren“. Auf mein Nachfragen, wie sie das machen erklärte er mir ihr Erfolgsrezept. Er sagte: „Wissen Sie, unsere Gäste sind ziemlich anspruchsvoll – und wir haben es manchmal auch mit schwierigen und unangenehmen Gästen zu tun, die uns ganz schön Druck machen. Vor einigen Jahren noch hatten wir zusätzlich innerhalb der Belegschaft ziemliche Spannungen: Rivalitäten, Zickenkrieg etc. Und irgendwann hat es uns dann gereicht. Bei einer größeren Besprechung haben wir uns unsere Probleme genau angeschaut und eine Entscheidung getroffen: Wenn wir schon von manchen unserer Gäste genervt werden, sollen wir uns nicht auch noch gegenseitig fertig machen. Also beschlossen wir, dass wir unsere eigenen Probleme – ob beruflich oder privat – nicht an unseren Kollegen auslassen, dass wir uns ggf. gegenseitig aufbauen und für eine positive Stimmung sorgen.
Konkret heißt das beispielsweise:
Wir nerven uns nicht gegenseitig | |
Wir helfen uns, d.h.: wir geben wichtige Infos über Gäste weiter, wir bauen uns gegenseitig auf, wenn ein Gast gegenüber einem Mitarbeiter unfair gewesen ist etc. Beispiel: Wenn ein Service-Mitarbeiter von einem Gast ungerechtfertigterweise angeschnauzt worden ist, kann er einen Kollegen ansprechen (egal ob im Service oder in der Küche) und sich seinen Frust von der Seele reden. Der Kollege hört ihm zu und versucht ihn wieder aufzubauen. Allerdings achtet der Kollege darauf, nicht in ein gemeinsames Jammern über „die fiesen Gäste“ einzusteigen. Ziel ist, dass der Betroffene so schnell wie möglich mit seinem Frust klar kommt. | |
Es gibt wöchentlich eine Teamsitzung von Service und Küche, in der anstehende Themen besprochen werden. Ein wesentlicher Teil des Treffens ist allerdings den Erfolgserlebnissen der Woche gewidmet: Die Mitarbeiter schildern, was diese Woche besonders gut gelaufen ist, wo sie schwierige Situationen gut gemeistert haben, wofür sie positive Gästerückmeldungen bekommen haben etc. Das heißt, es wird bewusst auch darauf geschaut, welche erfreulichen Aspekte die Arbeit im Hotel mit sich bringt – und damit werden eine positive Stimmung und die Motivation gefördert. | |
Das ziehen wir jetzt schon einige Jahre durch. Die Einzelgespräche und die Teambestrechungen kosten zwar Zeit, aber sie lohnen sich. Das sieht auch die Hotelleitung so.“
Für mich als Trainer und Berater ist das ein schönes Beispiel für eine gelungene Selbstorganisation der Mitarbeiter, sowohl auf der Ebene der Einstellungen als auch konkreter Handlungen und organisatorischer Rahmenbedingungen. Hier haben die Mitarbeiter selbst die Verantwortung dafür übernommen, für die eigene Psychohygiene und die Motivation zu sorgen, anstatt es von der Leitung zu erwarten.
Was können wir im Team selbst dazu beitragen, dass der Druck sinkt?
Ich habe im Rahmen von Teamentwicklungsprojekten immer wieder mit dem Thema Druck zu tun – und dem Phänomen, dass die Mitarbeiter wie mit einem konditionierten Reflex zunächst nach außen und oben schauen: Die Kunden, der Markt, die Leitung machen Druck – und von dort erwartet man auch die Entlastung.
Wenn man die Mitarbeiter mit der Frage konfrontiert, was sie selbst tun können, um den Druck zu reduzieren, kommen im besten Fall einige Ansätze, an die man ohnehin schon gedacht hat, die aber noch nicht in Angriffe genommen oder nur halbherzig umgesetzt wurden. Manchmal kommt auch gar nichts, sondern das Statement: „Wir können da gar nichts tun, die da oben müssten ...“.
Dann hilft oft die inverse Frage: „Was können wir (1) in unserer Zusammenarbeit und (2) im persönlichen Umgang miteinander tun, damit der Druck noch größer wird?“.
Hier ein paar Antworten aus meinen Workshops:
Alles als dringlich behandeln | |
Keine Infos mehr weiter geben, kaum noch miteinander kommunizieren (jeder arbeitet wie mit Scheuklappen vor sich hin) | |
Den ganzen Tag mit einem frustrierten Gesicht herumrennen | |
Bei allen möglichen Gesprächen mit Kollegen darüber jammern, wie schlimm es nicht ist und wie wenig wir daran ändern können | |
Unklare Arbeitsaufträge akzeptieren statt nachzufragen | |
Jeder schaut nur noch auf sich. Gegenseitige Hilfestellung gibt es nicht | |
Wir unterbrechen unsere eigene Arbeit häufig oder die Arbeit der Kollegen | |
Alles perfektest erledigen, egal wie lange man dafür braucht und egal, ob der Kunde diesen Perfektionsgrad auch will / fordert / bezahlt | |
Krankfeiern | |
Daraus wird ersichtlich, dass man doch einen Einfluss hat und auch in welchen Bereichen dieser vorhanden ist. Man braucht dann häufig bloß die negativen Formulierungen umkehren und formulieren, wie die konkrete Umsetzung aussehen soll.
„Himmel und Hölle“
Zum Abschluss eine Geschichte, welche die Möglichkeiten noch einmal sehr deutlich aufzeigt, die in einem Team bestehen: Wir können uns gemeinsam die Arbeit zur Hölle machen oder dafür sorgen, dass sie mit weniger Druck und mehr Freude erledigt werden kann.
Zu einem Weisen kam ein einsamer Wanderer, um sich Rat zu erbitten. „Ehrwürdiger“, sprach er, „ich komme zu Euch, weil ich die Antwort auf eine Frage suche. Vielleicht könnt Ihr mir helfen. Was ist der Unterschied zwischen Himmel und Hölle?“
Der Weise antwortete freundlich: „Natürlich kann ich dir den Unterschied erklären. Noch besser ist es jedoch, wenn du einfach mit mir kommst. Ich werde dir den Unterschied zeigen.“
Er stand auf, drehte sich um und ging. Dem Suchenden blieb nichts übrig, als ihm zu folgen. Auf einem steinigen, verschlungenen Pfad führte ihn der Weise zum Eingang einer großen Höhle ganz in der Nähe. Vorsichtig kletterten sie hinein und stiegen in den Berg hinab. Lange Zeit war es so dunkel, dass sie sich nur mühsam vorwärts tasten konnten.
Endlich weitete sich der schmale Gang. Sie kamen in einen großen Raum und nahmen Tausende von Menschen wahr. Ein fürchterliches Stöhnen und Schreien war zu hören. Die Menschen wanden sich vor Schmerzen auf dem Boden oder drängelten sich dicht um einen großen Topf, der in der Mitte des Raumes auf einem Feuer stand. In diesem Topf schienen köstliche Speisen zu garen. Der Suchende fragte den Weisen: „Ich verstehe das nicht... warum schreien diese Menschen so? Was fehlt ihnen?“
Der Weise antwortete: „Hast du nichts gesehen?“ Verwirrt richtete der Mann seinen Blick wieder auf die Menschen in der Höhle und sah sie genau an. Die Menschen auf dem Boden schrien zwar vor Schmerzen, hatten aber offensichtlich schon aufgegeben. Sie lagen nur noch da und krümmten sich. Die anderen, die um einen Platz an dem großen Topf kämpften, schienen noch voller Kraft. Rücksichtslos, manchmal sogar mit brutaler Gewalt, versuchte jeder einzelne, möglichst nahe an den Topf zu kommen. Und plötzlich fiel dem Mann auf, dass all die Menschen, die sich um den dampfenden Topf drängten, in ihren Händen riesige Löffel hielten. Diejenigen, die am nächsten beim Topf standen, versuchten mit diesen Löffeln, die Speisen aus dem Topf zu fischen, um endlich ihren Hunger zu stillen. Die gefüllten Löffel waren jedoch viel zu lang und schwer für sie. Obwohl sie sich verrenkten und es immer und immer wieder versuchten, gelang es keinem, die verlockenden Speisen an den hungrig aufgerissenen Mund zu führen. Zwar konnte ab und zu der eine oder andere seinen gefüllten Löffel aus dem dichten Wall von drückenden und stoßenden Menschen retten, ohne allzuviel zu verschütten. Doch dann musste er feststellen, dass seine Arme viel zu kurz waren, um den langen und schweren Löffel an den Mund zu führen. Alle Versuche der ausgehungerten Menschen, sich die Nahrung in den Mund zu schieben, endeten damit, dass die Löffel umkippten oder umgestoßen wurden und die Speisen in der Erde versickerten.
Als dies der Ratsuchende erkannte, erschrak er. „Das ist ja schrecklich! Welche Qualen müssen diese Menschen erleiden. Dies ist wirklich die Hölle.“ „ Ja“, murmelte der Weise, und jetzt lächelte er nicht mehr, „und das Furchtbare dabei ist, dass diese Menschen ganz genau wissen, was sie tun.“
„Aber komm jetzt weiter. Ich will dir den Himmel zeigen.“ Nur zu gerne folgte der Suchende dem Weisen. Der Weg führte sie weiter in den Berg hinein. Wieder war es lange dunkel, eng und sehr beschwerlich zu gehen. Dann endlich öffnete sich der schmale Weg und sie fanden sich wieder in einem großen Raum.
Dieser unterschied sich durch nichts von dem ersten. Auch hier sahen sie Tausende von Menschen. In der Mitte des Raumes stand der große Topf und es schien dem Ratsuchenden, als würden in ihm dieselben herrlichen Speisen gekocht. Im Gegensatz zur Hölle jedoch war es hier angenehm ruhig. Die Menschen standen zu zweit oder in kleinen Gruppen und sprachen miteinander. „Ich verstehe nicht“, murmelte der Suchende erstaunt und mehr zu sich selbst. „Dies soll der Himmel sein? Hier sieht es doch genauso aus wie in der Hölle. Die Menschen haben sogar dieselben Löffel in den Händen. Diese Löffel, die zu lang und schwer sind, um damit essen zu können.“
Der Weise hatte sich inzwischen auf einen großen Stein am Eingang gesetzt. „Ja. Du hast recht“, erwiderte er. „Hier ist es wirklich genauso wie im ersten Raum. Und doch gibt es Unterschiede. Schau genauer hin“
Der Ratsuchende blickte wieder in den Raum, und plötzlich bemerkte er an dem großen Topf, der allen Menschen reichlich Nahrung bot, zwei Männer. „Sieh doch!“ Er zerrte den Weisen von seinem Stein und wies mit der Hand in Richtung des Topfes. „Keiner stört sie dabei, wenn sie sich Nahrung holen wollen. Da - schau! Der eine kann seinen langen Löffel in aller Ruhe in den Topf tauchen. Und jetzt, jetzt hält er den gefüllten Löffel, um den anderen davon essen zu lassen. Die Menschen hier haben gelernt, sich gegenseitig zu füttern. Das ist das Geheimnis des Himmels!“
„Ist das wirklich ein Geheimnis?“ Der Weise schaute den Ratsuchenden an. Dann lächelte er, wandte sich ab und ging den Weg zurück, den sie beide gekommen waren, ohne sich noch einmal nach dem Ratsuchenden umzudrehen.
(Quelle: im Internet erscheint diese Geschichte in unterschiedlichen Formen; ein eindeutiger Verfasser war für mich nicht aufzufinden; vermutlich stammt sie in dieser Version aus einem Buch von Roland Kübler)
20.03.2011
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Das Team als Stellschraube zum Reduzieren von Druck – Teil 1
Was man als Trainer von Hotel-Mitarbeitern lernen kann
Im Rahmen von Führungstrainings für einen deutschen Kunden hatte ich drei Mal im Abstand von ca. 1 Jahr im gleichen Hotel in der Nähe von Dortmund zu tun. Ein typisches Hotel einer größeren Hotelkette: groß, gut organisiert, vordergründig irgendwie unpersönlich. Auf den zweiten Blick habe ich mich dort alle drei Mal sehr wohl gefühlt - und es waren interessante Dinge zu beobachten. Ein Beispiel: Die Mitarbeiterin der Rezeption telefonierte offenbar mit einem Kunden. Sie hatte einen professionellen, freundlichen Ton und lächelte. Als das Gespräch zu Ende war, legte sie den Hörer auf – und das Lächeln war noch einige Sekunden auf ihrem Gesicht. Sie war einfach gut drauf und strahlte das auch aus. Ähnliches bemerkte ich auch beim Service-Personal. Das war keine aufgesetzte Freundlichkeit, sondern eine Herzlichkeit, die ich sonst aus Großhotels nicht kenne. Als ich das dritte Mal dort war, fiel mir zusätzlich auf, dass ich viele Mitarbeiter von meinen vorigen Aufenthalten schon kannte, was auf eine niedrige Fluktuation schließen ließ. Auch mein „persönlicher Seminar-Betreuer“ war alle drei Mal der Gleiche.
Als ich ihn auf meine Beobachtungen ansprach, freute er sich: „Schön, dass Sie es als Gast spüren“. Auf mein Nachfragen, wie sie das machen erklärte er mir ihr Erfolgsrezept. Er sagte: „Wissen Sie, unsere Gäste sind ziemlich anspruchsvoll – und wir haben es manchmal auch mit schwierigen und unangenehmen Gästen zu tun, die uns ganz schön Druck machen. Vor einigen Jahren noch hatten wir zusätzlich innerhalb der Belegschaft ziemliche Spannungen: Rivalitäten, Zickenkrieg etc. Und irgendwann hat es uns dann gereicht. Bei einer größeren Besprechung haben wir uns unsere Probleme genau angeschaut und eine Entscheidung getroffen: Wenn wir schon von manchen unserer Gäste genervt werden, sollen wir uns nicht auch noch gegenseitig fertig machen. Also beschlossen wir, dass wir unsere eigenen Probleme – ob beruflich oder privat – nicht an unseren Kollegen auslassen, dass wir uns ggf. gegenseitig aufbauen und für eine positive Stimmung sorgen.
Konkret heißt das beispielsweise:
Wir nerven uns nicht gegenseitig | |
Wir helfen uns, d.h.: wir geben wichtige Infos über Gäste weiter, wir bauen uns gegenseitig auf, wenn ein Gast gegenüber einem Mitarbeiter unfair gewesen ist etc. Beispiel: Wenn ein Service-Mitarbeiter von einem Gast ungerechtfertigterweise angeschnauzt worden ist, kann er einen Kollegen ansprechen (egal ob im Service oder in der Küche) und sich seinen Frust von der Seele reden. Der Kollege hört ihm zu und versucht ihn wieder aufzubauen. Allerdings achtet der Kollege darauf, nicht in ein gemeinsames Jammern über „die fiesen Gäste“ einzusteigen. Ziel ist, dass der Betroffene so schnell wie möglich mit seinem Frust klar kommt. | |
Es gibt wöchentlich eine Teamsitzung von Service und Küche, in der anstehende Themen besprochen werden. Ein wesentlicher Teil des Treffens ist allerdings den Erfolgserlebnissen der Woche gewidmet: Die Mitarbeiter schildern, was diese Woche besonders gut gelaufen ist, wo sie schwierige Situationen gut gemeistert haben, wofür sie positive Gästerückmeldungen bekommen haben etc. Das heißt, es wird bewusst auch darauf geschaut, welche erfreulichen Aspekte die Arbeit im Hotel mit sich bringt – und damit werden eine positive Stimmung und die Motivation gefördert. | |
Das ziehen wir jetzt schon einige Jahre durch. Die Einzelgespräche und die Teambestrechungen kosten zwar Zeit, aber sie lohnen sich. Das sieht auch die Hotelleitung so.“
Für mich als Trainer und Berater ist das ein schönes Beispiel für eine gelungene Selbstorganisation der Mitarbeiter, sowohl auf der Ebene der Einstellungen als auch konkreter Handlungen und organisatorischer Rahmenbedingungen. Hier haben die Mitarbeiter selbst die Verantwortung dafür übernommen, für die eigene Psychohygiene und die Motivation zu sorgen, anstatt es von der Leitung zu erwarten.
Was können wir im Team selbst dazu beitragen, dass der Druck sinkt?
Ich habe im Rahmen von Teamentwicklungsprojekten immer wieder mit dem Thema Druck zu tun – und dem Phänomen, dass die Mitarbeiter wie mit einem konditionierten Reflex zunächst nach außen und oben schauen: Die Kunden, der Markt, die Leitung machen Druck – und von dort erwartet man auch die Entlastung.
Wenn man die Mitarbeiter mit der Frage konfrontiert, was sie selbst tun können, um den Druck zu reduzieren, kommen im besten Fall einige Ansätze, an die man ohnehin schon gedacht hat, die aber noch nicht in Angriffe genommen oder nur halbherzig umgesetzt wurden. Manchmal kommt auch gar nichts, sondern das Statement: „Wir können da gar nichts tun, die da oben müssten ...“.
Dann hilft oft die inverse Frage: „Was können wir (1) in unserer Zusammenarbeit und (2) im persönlichen Umgang miteinander tun, damit der Druck noch größer wird?“.
Hier ein paar Antworten aus meinen Workshops:
Alles als dringlich behandeln | |
Keine Infos mehr weiter geben, kaum noch miteinander kommunizieren (jeder arbeitet wie mit Scheuklappen vor sich hin) | |
Den ganzen Tag mit einem frustrierten Gesicht herumrennen | |
Bei allen möglichen Gesprächen mit Kollegen darüber jammern, wie schlimm es nicht ist und wie wenig wir daran ändern können | |
Unklare Arbeitsaufträge akzeptieren statt nachzufragen | |
Jeder schaut nur noch auf sich. Gegenseitige Hilfestellung gibt es nicht | |
Wir unterbrechen unsere eigene Arbeit häufig oder die Arbeit der Kollegen | |
Alles perfektest erledigen, egal wie lange man dafür braucht und egal, ob der Kunde diesen Perfektionsgrad auch will / fordert / bezahlt | |
Krankfeiern | |
Daraus wird ersichtlich, dass man doch einen Einfluss hat und auch in welchen Bereichen dieser vorhanden ist. Man braucht dann häufig bloß die negativen Formulierungen umkehren und formulieren, wie die konkrete Umsetzung aussehen soll.
„Himmel und Hölle“
Zum Abschluss eine Geschichte, welche die Möglichkeiten noch einmal sehr deutlich aufzeigt, die in einem Team bestehen: Wir können uns gemeinsam die Arbeit zur Hölle machen oder dafür sorgen, dass sie mit weniger Druck und mehr Freude erledigt werden kann.
Zu einem Weisen kam ein einsamer Wanderer, um sich Rat zu erbitten. „Ehrwürdiger“, sprach er, „ich komme zu Euch, weil ich die Antwort auf eine Frage suche. Vielleicht könnt Ihr mir helfen. Was ist der Unterschied zwischen Himmel und Hölle?“
Der Weise antwortete freundlich: „Natürlich kann ich dir den Unterschied erklären. Noch besser ist es jedoch, wenn du einfach mit mir kommst. Ich werde dir den Unterschied zeigen.“
Er stand auf, drehte sich um und ging. Dem Suchenden blieb nichts übrig, als ihm zu folgen. Auf einem steinigen, verschlungenen Pfad führte ihn der Weise zum Eingang einer großen Höhle ganz in der Nähe. Vorsichtig kletterten sie hinein und stiegen in den Berg hinab. Lange Zeit war es so dunkel, dass sie sich nur mühsam vorwärts tasten konnten.
Endlich weitete sich der schmale Gang. Sie kamen in einen großen Raum und nahmen Tausende von Menschen wahr. Ein fürchterliches Stöhnen und Schreien war zu hören. Die Menschen wanden sich vor Schmerzen auf dem Boden oder drängelten sich dicht um einen großen Topf, der in der Mitte des Raumes auf einem Feuer stand. In diesem Topf schienen köstliche Speisen zu garen. Der Suchende fragte den Weisen: „Ich verstehe das nicht... warum schreien diese Menschen so? Was fehlt ihnen?“
Der Weise antwortete: „Hast du nichts gesehen?“ Verwirrt richtete der Mann seinen Blick wieder auf die Menschen in der Höhle und sah sie genau an. Die Menschen auf dem Boden schrien zwar vor Schmerzen, hatten aber offensichtlich schon aufgegeben. Sie lagen nur noch da und krümmten sich. Die anderen, die um einen Platz an dem großen Topf kämpften, schienen noch voller Kraft. Rücksichtslos, manchmal sogar mit brutaler Gewalt, versuchte jeder einzelne, möglichst nahe an den Topf zu kommen. Und plötzlich fiel dem Mann auf, dass all die Menschen, die sich um den dampfenden Topf drängten, in ihren Händen riesige Löffel hielten. Diejenigen, die am nächsten beim Topf standen, versuchten mit diesen Löffeln, die Speisen aus dem Topf zu fischen, um endlich ihren Hunger zu stillen. Die gefüllten Löffel waren jedoch viel zu lang und schwer für sie. Obwohl sie sich verrenkten und es immer und immer wieder versuchten, gelang es keinem, die verlockenden Speisen an den hungrig aufgerissenen Mund zu führen. Zwar konnte ab und zu der eine oder andere seinen gefüllten Löffel aus dem dichten Wall von drückenden und stoßenden Menschen retten, ohne allzuviel zu verschütten. Doch dann musste er feststellen, dass seine Arme viel zu kurz waren, um den langen und schweren Löffel an den Mund zu führen. Alle Versuche der ausgehungerten Menschen, sich die Nahrung in den Mund zu schieben, endeten damit, dass die Löffel umkippten oder umgestoßen wurden und die Speisen in der Erde versickerten.
Als dies der Ratsuchende erkannte, erschrak er. „Das ist ja schrecklich! Welche Qualen müssen diese Menschen erleiden. Dies ist wirklich die Hölle.“ „ Ja“, murmelte der Weise, und jetzt lächelte er nicht mehr, „und das Furchtbare dabei ist, dass diese Menschen ganz genau wissen, was sie tun.“
„Aber komm jetzt weiter. Ich will dir den Himmel zeigen.“ Nur zu gerne folgte der Suchende dem Weisen. Der Weg führte sie weiter in den Berg hinein. Wieder war es lange dunkel, eng und sehr beschwerlich zu gehen. Dann endlich öffnete sich der schmale Weg und sie fanden sich wieder in einem großen Raum.
Dieser unterschied sich durch nichts von dem ersten. Auch hier sahen sie Tausende von Menschen. In der Mitte des Raumes stand der große Topf und es schien dem Ratsuchenden, als würden in ihm dieselben herrlichen Speisen gekocht. Im Gegensatz zur Hölle jedoch war es hier angenehm ruhig. Die Menschen standen zu zweit oder in kleinen Gruppen und sprachen miteinander. „Ich verstehe nicht“, murmelte der Suchende erstaunt und mehr zu sich selbst. „Dies soll der Himmel sein? Hier sieht es doch genauso aus wie in der Hölle. Die Menschen haben sogar dieselben Löffel in den Händen. Diese Löffel, die zu lang und schwer sind, um damit essen zu können.“
Der Weise hatte sich inzwischen auf einen großen Stein am Eingang gesetzt. „Ja. Du hast recht“, erwiderte er. „Hier ist es wirklich genauso wie im ersten Raum. Und doch gibt es Unterschiede. Schau genauer hin“
Der Ratsuchende blickte wieder in den Raum, und plötzlich bemerkte er an dem großen Topf, der allen Menschen reichlich Nahrung bot, zwei Männer. „Sieh doch!“ Er zerrte den Weisen von seinem Stein und wies mit der Hand in Richtung des Topfes. „Keiner stört sie dabei, wenn sie sich Nahrung holen wollen. Da - schau! Der eine kann seinen langen Löffel in aller Ruhe in den Topf tauchen. Und jetzt, jetzt hält er den gefüllten Löffel, um den anderen davon essen zu lassen. Die Menschen hier haben gelernt, sich gegenseitig zu füttern. Das ist das Geheimnis des Himmels!“
„Ist das wirklich ein Geheimnis?“ Der Weise schaute den Ratsuchenden an. Dann lächelte er, wandte sich ab und ging den Weg zurück, den sie beide gekommen waren, ohne sich noch einmal nach dem Ratsuchenden umzudrehen.
(Quelle: im Internet erscheint diese Geschichte in unterschiedlichen Formen; ein eindeutiger Verfasser war für mich nicht aufzufinden; vermutlich stammt sie in dieser Version aus einem Buch von Roland Kübler)
20.03.2011
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