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Leadership

 

 

Mit(-)Wirkung

 

Manchmal denken Mitarbeiter und Führungskräfte fast das Gleiche, z.B.:

Mitarbeiter: „Die da oben haben ja keine Ahnung, wie das hier wirklich läuft“
Führungskraft: „Die da unten haben ja keine Ahnung, wie das alles wirklich läuft“
Beide haben meist auch recht: Dem Chef fehlt oft das Detailwissen, den Mitarbeitern der Blick für das Ganze.

Kombiniert man beide Kompetenzfelder, kann viel positive Wirkung entstehen. „Mitwirkung“ oder auf Business-Deutsch „Partizipation“ ist dabei das Zauberwort.

Immer wieder hört man bei Führungskräften und Mitarbeitern typische Negativaussagen über die jeweils andere Seite, als ob diese „der Feind“ oder „das Übel“ wären, z.B.:

Führungskraft:
„Soweit ich meine Mitarbeiter schiebe, soweit habe ich sie. Aber von selber würde keiner mehr als das Nötigste tun“
„Die Leute sollen mehr arbeiten und weniger meckern“

Mitarbeiter:
„Jetzt haben die da oben schon wieder so ein hirnrissiges Konzept entwickelt.
Wenn die uns vorher gefragt hätten, hätten wir ihnen gleich sagen können, dass das so nicht funktioniert.“
„Wenn man mich fragen würde, dann hätte ich schon längst .... Aber mich fragt ja keiner.“

Nun ist das Bestehen im Wettbewerb schon hart genug. Wenn viel Energie in internen Kämpfen vergeudet wird, schadet das der Wettbewerbsstärke eines Unternehmens. Ursache dieser internen Kämpfe ist oft, wenn Mitarbeiter
den Sinn ihrer Arbeit nicht verstehen (wollen)
mit den Verhältnissen im Unternehmen oder ihren Aufgaben nicht einverstanden sind bei für sie wichtigen Dingen einfach nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt werden

Viel Unmut und Frustration ließe sich vermeiden, wenn die Mitarbeiter in sinnvollem Ausmaß in Entscheidungen eingebunden würden, die ihren Arbeitsplatz, ihr Aufgaben-gebiet, ihre Ziele, aber auch die Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation bis hin zur Strategieentwicklung betreffen. Das Ausmaß der Partizipation muss klarer-weise die Qualifikation und das Interesse des Mitarbeiters berücksichtigen, denn nicht jeder Mitarbeiter kann oder will die damit verbundene Verantwortung tragen.

Partizipation begünstigt die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen und deren Zielen, Qualifikation und Eigenständigkeit, Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie die Qualität der Leistung. Das trifft vor allem bei Aufgabenstellungen zu, wo der Mitarbeiter eine wesentlich höhere Fachkompetenz hat als der Vorgesetzte und die Faktoren Eigenmotivation und Selbstkontrolle wesentliche Erfolgskriterien sind. Wenn der Mitarbeiter die Zielerreichung als seinen eigenen Erfolg erleben kann, wird er sich auch mehr dafür einsetzen

Wenn Partizipation nun so viele Vorteile hat, warum wird sie dann oft nicht angewendet oder funktioniert nicht richtig?

Betrachten wir zuerst die Seite der Führungskraft:

Da ist z.B. die Einschätzung der Führungskraft „Meine Mitarbeiter wollen ja gar nicht mitentscheiden. Denen ist es viel lieber, wenn sie klare Anweisungen bekommen und selber nicht viel denken müssen.“
Führungskräfte haben „Blinde Flecken“. Reinhard Sprenger zitierte kürzlich eine Umfrage unter Managern und deren Mitarbeitern, laut der 82 % der Führungskräfte sich selbst für kooperativ halten. 67 % ihrer Mitarbeiter halten dieselben Führungskräfte für autoritär. Ein Beispiel, das von meinen Seminarteilnehmern oder Coaching-Klienten sinngemäß immer wieder berichtet wird: Montagsbesprechung.
Ein Problem ist zu lösen. Der „kooperative“ Chef stellt die Frage: „Wer hat eine Idee, wie wir das Problem lösen können?“ Mitarbeiter A macht einen Vorschlag.
Chef: „Sehr interessant. Aber meinen Sie nicht, dass das doch ein wenig zu kompliziert ist?“ Mitarbeiter B macht einen anderen Vorschlag. Chef: „Sehr schön. Aber meinen Sie nicht, dass das zu lange dauert? Meine Herrn, was halten Sie denn von folgender Idee ...?“ – und dann kommt das, was der Chef möchte (und von dem er schon vor dem Meeting wusste, dass er es so haben will). Und er hat die Illusion, die Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung eingebunden zu haben und hält sich für „kooperativ“. Nach einigen solcher Montagsrunden kennen die Mitarbeiter das Spiel und fühlen sich verschaukelt. Dann wird auf die Frage nach Vorschlägen peinliches Schweigen folgen. Prof. Böhnisch von der Linzer Uni hat dies sehr treffend folgendermaßen beschrieben: Diese Art von „Kooperativer Führung“ ist nichts anderes als „Autoritärer Führungsstil mit Publikumsbeteiligung“.
Und dann ist da die Angst. Die Angst vor Autoritäts- und Kompetenzverlust. Die Angst, an Bedeutung zu verlieren, nicht mehr gebraucht zu werden. Die Angst, die Kontrolle zu verlieren. Die Angst vor unabgesprochenen Eigenmächtigkeiten des Mitarbeiters.

Aber auch Mitarbeiter haben oft eine Scheu, sich auf Mitwirkung einzulassen:

Beispielsweise im Fall von „Autoritärer Führung mit Publikumsbeteiligung“ (siehe oben).
Mitarbeiter haben manchmal die Erfahrung gemacht, dass sich eine Führungskraft über ihre Vorschläge lustig gemacht hat („Na das ist vielleicht eine grandiose Idee.
Denken Sie machmal auch, bevor Sie etwas sagen?“), dass sie das Signal bekommen haben, ihre Ideen seien unerwünscht („Wenn hier einer denkt, dann der Chef“), oder dass die Führungskraft gute Ideen der Mitarbeiter nach oben als seine eigenen verkauft. Zusammengefasst heißt das: Der Mitarbeiter möchte sehr wohl mitwirken, hat aber ausreichend schlechte Erfahrungen damit gemacht. Oder wie der deutsche Kabarettist Karl Valentin so pointiert gesagt hat: „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“
Und auch der Mitarbeiter hat Angst vor der Mitwirkung: mehr Verantwortung, zusätzliche Arbeit, größeres Risiko, Angst vor Fehlern und Blamage
Manchmal ist auch die Überlegung dahinter: Bekomme ich dafür mehr Geld, dass ich hier mitentscheide? Wenn nein, dann sollen es die Chefs tun, die werden schließlich auch dafür fürstlich bezahlt.

Auf der anderen Seite kann Partizipation eine Reihe positiver Effekte bewirken:

Für die Führungskraft bzw. das Unternehmen:

Entlastung von Koordinationsaufgaben
Mehr Zeit für strategische Managementaufgaben
Nutzung des Spezialwissens, der Erfahrung und Kreativität der Mitarbeiter
Förderung des unternehmerischen Denkens beim Mitarbeiter
Neue Ideen und Anregungen / Öffnen der „Scheuklappen“
Höheres Engagement der Mitarbeiter für das Umsetzen des gemeinsam Beschlossenen (Commitment)
Loyalität des Mitarbeiters zum Unternehmen steigt (Dort kann ich „Meines“ umsetzen)
Letztendlich soll sich aus all diesen Faktoren eine höhere Produktivität und eine bessere Zukunftssicherung ergeben

Für den Mitarbeiter:

Größere Transparenz des Aufgabenbereichs
Erkennen größerer Zusammenhänge / Öffnen der „Scheuklappen“
Möglichkeit zur Mitund Selbstbestimmung
Möglichkeit zur kritischen Stellungnahme
Erfolgserlebnisse
Höherer Informationsstand
Entwicklungschancen
Steigende Flexibilität
Aufwertung des Mitarbeiters: das Gefühl, wichtig und wertgeschätzt zu sein

Partizipation kann also viel Konstruktives bewirken. Sie hat aber auch Grenzen.

 

Wo ist Partizipation sinnvoll, wo nicht?
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Partizipation funktioniert?
Was sind Möglichkeiten für den organisatorische Rahmen von Partizipation?

Partizipation kommt dem Wunsch der Menschen entgegen, bei Dingen, von denen sie betroffen sind, mitzureden und mitzuentscheiden. In anderen Bereichen unseres Lebens tauchten in den letzten Jahren Schlagworte wie „mündiger Patient“ oder „mündiger Bürger“ auf. Wenn Menschen als Patienten oder Bürger mündig sein wollen, wollen sie es als Mitarbeiter ebenfalls sein.

Andererseits ist Partizipation im Unternehmen kein Selbstzweck. Sie soll die Qualität und die Akzeptanz einer Entscheidung erhöhen und nicht bloß ein angenehmes Gefühl einer Mitsprachemöglichkeit erzeugen. Weiters darf eines nicht vergessen werden:
die letztendliche Verantwortung für die Entscheidung liegt (mit wenigen Ausnahmen) bei der Führungskraft, egal wie intensiv die Mitarbeiter in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden worden sind.

In welchen Bereichen ist nun die Mitwirkung der Mitarbeiter sinnvoll und wie kann sie organisiert werden?


Partizipation sollte vor allem dort erfolgen, wo

die Mitarbeiter bei der Realisierung einer Entscheidung eine bedeutende Rolle spielen
die Mitarbeiter von einer Entscheidung betroffen sind – und eine autoritäre Entscheidung zu massiver Frustration bei den Mitarbeitern führen würde
möglichst viel unterschiedliches Wissen in eine Problemlösung einfließen muss – und die Führungskraft nicht über ausreichendes Wissen verfügt
bei den Mitarbeitern unterschiedliche Meinungen über Ziele und Maßnahmen vorherrschen


Voraussetzungen für die Mitwirkung der Mitarbeiter sind:

Know-how der Mitarbeiter bezogen auf des Entscheidungsthema
Wille der Mitarbeiter zur Mitwirkung
Konstruktive Einstellung der Mitarbeiters (anfangs ist Meckern noch erlaubt, aber irgendwann muss das Schlechtreden dem Lösungsdenken weichen)
Bereitschaft der Führungskraft, eine echte Mitwirkung zuzulassen
Ausreichend Zeit


Themenfelder der Mitwirkung sind z.B.:

Problemlösungsprozesse (Problemdefinition, Ursachenforschung, Ideenfindung, Maßnahmenplanung)
Gestaltung von Arbeitsprozessen
Funktions- und Rollendefinition (Aufgabendefinition, Zuständigkeiten, Verantwortung, Befugnisse)
Auswahl von Arbeitsmitteln
Gestaltung der Arbeitsumgebung (z.B.: Lärmschutz, Licht, Farbe, ...)
Arbeitsorganisation (Arbeitszeitmodelle, Pausenregelungen, ...)
Visionsfindung, Leitbildentwicklung


Organisatorischer Rahmen der Mitwirkung:

Das jährliche Mitarbeitergespräch
Teambesprechungen
Qualitäts-Zirkel
Projektgruppen
KVP-Prozesse
Open Space-Veranstaltungen
Zukunfts-Werkstätten

Ausmaß der Mitwirkung:

Minimale Partizipation: Die Mitarbeiter werden von einer geplanten Entscheidung informiert. Sie können ihre Meinung dazu äußern.
Diese kann berücksichtigt werden, muss aber nicht.
Die Mitarbeiter haben ein Veto-Recht
Die Mitarbeiter sind an der Entscheidungsfindung aktiv beteiligt.
Die Entscheidung trifft letztendlich die Führungskraft.
Maximale Partizipation: Die Mitarbeiter treffen autonom die Entscheidung.
Die Führungskraft wird lediglich darüber informiert.


Wann ist eine Entscheidung definitiv Chefsache?

Entscheidungen in Krisensituationen, wo so schnell gehandelt werden muss, sodass ein sinnvolles Einbeziehen der Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess nicht möglich ist
Wenn trotz zeitintensiven Beratungen kein Konsens gefunden werden kann, muss die Führungskraft eine Entscheidung treffen, damit eine Handlungsbasis geschaffen wird
Wenn die Führungskraft über gutes Know-how für diese Entscheidung verfügt, der Beitrag der Mitarbeiter die Entscheidung nicht verbessern würde und die Mitarbeiter eine autoritäre Entscheidung gut akzeptieren. Hier ist das Vertrauen der Mitarbeiter in die Fähigkeiten und den guten Willen der Führungskraft entscheidend.
Unangenehme Entscheidungen, welche die Mitarbeiter in unzumutbare Konflikte bringen würden (z.B.: bei notwendigem Personalabbau: Wer muss gehen?)

Egal in welchem organisatorischen Kontext Partizipation erfolgt:
Der Mitarbeiter kann der Führungskraft die letztliche Entscheidung nicht abnehmen.
Er kann aber dazu beitragen, dass eine gute Entscheidung gefunden wird.

Daher sollte die Führungskraft dem Mitarbeiter nicht die Frage stellen:
„Was würden Sie an meiner Stelle tun?“
sondern: „Wie sehen Sie aus Ihrer Perspektive das Ganze?“ (mit „Perspektive“ ist gemeint: aus Ihrer Funktion im Unternehmen heraus, mit Ihrem Fachwissen, Ihrer fachlichen und persönlichen Erfahrung etc.).

Je mehr sich der Mitarbeiter einbringen kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ein Gefühl von Verantwortlichkeit entwickelt und hohes Engagement in die Umsetzung legt.


 

12.05.2003

 

 


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Manchmal denken Mitarbeiter und Führungskräfte fast das Gleiche, z.B.:

Mitarbeiter: „Die da oben haben ja keine Ahnung, wie das hier wirklich läuft“
Führungskraft: „Die da unten haben ja keine Ahnung, wie das alles wirklich läuft“
Beide haben meist auch recht: Dem Chef fehlt oft das Detailwissen, den Mitarbeitern der Blick für das Ganze.

Kombiniert man beide Kompetenzfelder, kann viel positive Wirkung entstehen. „Mitwirkung“ oder auf Business-Deutsch „Partizipation“ ist dabei das Zauberwort.

Immer wieder hört man bei Führungskräften und Mitarbeitern typische Negativaussagen über die jeweils andere Seite, als ob diese „der Feind“ oder „das Übel“ wären, z.B.:

Führungskraft:
„Soweit ich meine Mitarbeiter schiebe, soweit habe ich sie. Aber von selber würde keiner mehr als das Nötigste tun“
„Die Leute sollen mehr arbeiten und weniger meckern“

Mitarbeiter:
„Jetzt haben die da oben schon wieder so ein hirnrissiges Konzept entwickelt.
Wenn die uns vorher gefragt hätten, hätten wir ihnen gleich sagen können, dass das so nicht funktioniert.“
„Wenn man mich fragen würde, dann hätte ich schon längst .... Aber mich fragt ja keiner.“

Nun ist das Bestehen im Wettbewerb schon hart genug. Wenn viel Energie in internen Kämpfen vergeudet wird, schadet das der Wettbewerbsstärke eines Unternehmens. Ursache dieser internen Kämpfe ist oft, wenn Mitarbeiter
den Sinn ihrer Arbeit nicht verstehen (wollen)
mit den Verhältnissen im Unternehmen oder ihren Aufgaben nicht einverstanden sind bei für sie wichtigen Dingen einfach nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt werden

Viel Unmut und Frustration ließe sich vermeiden, wenn die Mitarbeiter in sinnvollem Ausmaß in Entscheidungen eingebunden würden, die ihren Arbeitsplatz, ihr Aufgaben-gebiet, ihre Ziele, aber auch die Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation bis hin zur Strategieentwicklung betreffen. Das Ausmaß der Partizipation muss klarer-weise die Qualifikation und das Interesse des Mitarbeiters berücksichtigen, denn nicht jeder Mitarbeiter kann oder will die damit verbundene Verantwortung tragen.

Partizipation begünstigt die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen und deren Zielen, Qualifikation und Eigenständigkeit, Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie die Qualität der Leistung. Das trifft vor allem bei Aufgabenstellungen zu, wo der Mitarbeiter eine wesentlich höhere Fachkompetenz hat als der Vorgesetzte und die Faktoren Eigenmotivation und Selbstkontrolle wesentliche Erfolgskriterien sind. Wenn der Mitarbeiter die Zielerreichung als seinen eigenen Erfolg erleben kann, wird er sich auch mehr dafür einsetzen

Wenn Partizipation nun so viele Vorteile hat, warum wird sie dann oft nicht angewendet oder funktioniert nicht richtig?

Betrachten wir zuerst die Seite der Führungskraft:

Da ist z.B. die Einschätzung der Führungskraft „Meine Mitarbeiter wollen ja gar nicht mitentscheiden. Denen ist es viel lieber, wenn sie klare Anweisungen bekommen und selber nicht viel denken müssen.“
Führungskräfte haben „Blinde Flecken“. Reinhard Sprenger zitierte kürzlich eine Umfrage unter Managern und deren Mitarbeitern, laut der 82 % der Führungskräfte sich selbst für kooperativ halten. 67 % ihrer Mitarbeiter halten dieselben Führungskräfte für autoritär. Ein Beispiel, das von meinen Seminarteilnehmern oder Coaching-Klienten sinngemäß immer wieder berichtet wird: Montagsbesprechung.
Ein Problem ist zu lösen. Der „kooperative“ Chef stellt die Frage: „Wer hat eine Idee, wie wir das Problem lösen können?“ Mitarbeiter A macht einen Vorschlag.
Chef: „Sehr interessant. Aber meinen Sie nicht, dass das doch ein wenig zu kompliziert ist?“ Mitarbeiter B macht einen anderen Vorschlag. Chef: „Sehr schön. Aber meinen Sie nicht, dass das zu lange dauert? Meine Herrn, was halten Sie denn von folgender Idee ...?“ – und dann kommt das, was der Chef möchte (und von dem er schon vor dem Meeting wusste, dass er es so haben will). Und er hat die Illusion, die Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung eingebunden zu haben und hält sich für „kooperativ“. Nach einigen solcher Montagsrunden kennen die Mitarbeiter das Spiel und fühlen sich verschaukelt. Dann wird auf die Frage nach Vorschlägen peinliches Schweigen folgen. Prof. Böhnisch von der Linzer Uni hat dies sehr treffend folgendermaßen beschrieben: Diese Art von „Kooperativer Führung“ ist nichts anderes als „Autoritärer Führungsstil mit Publikumsbeteiligung“.
Und dann ist da die Angst. Die Angst vor Autoritäts- und Kompetenzverlust. Die Angst, an Bedeutung zu verlieren, nicht mehr gebraucht zu werden. Die Angst, die Kontrolle zu verlieren. Die Angst vor unabgesprochenen Eigenmächtigkeiten des Mitarbeiters.

Aber auch Mitarbeiter haben oft eine Scheu, sich auf Mitwirkung einzulassen:

Beispielsweise im Fall von „Autoritärer Führung mit Publikumsbeteiligung“ (siehe oben).
Mitarbeiter haben manchmal die Erfahrung gemacht, dass sich eine Führungskraft über ihre Vorschläge lustig gemacht hat („Na das ist vielleicht eine grandiose Idee.
Denken Sie machmal auch, bevor Sie etwas sagen?“), dass sie das Signal bekommen haben, ihre Ideen seien unerwünscht („Wenn hier einer denkt, dann der Chef“), oder dass die Führungskraft gute Ideen der Mitarbeiter nach oben als seine eigenen verkauft. Zusammengefasst heißt das: Der Mitarbeiter möchte sehr wohl mitwirken, hat aber ausreichend schlechte Erfahrungen damit gemacht. Oder wie der deutsche Kabarettist Karl Valentin so pointiert gesagt hat: „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“
Und auch der Mitarbeiter hat Angst vor der Mitwirkung: mehr Verantwortung, zusätzliche Arbeit, größeres Risiko, Angst vor Fehlern und Blamage
Manchmal ist auch die Überlegung dahinter: Bekomme ich dafür mehr Geld, dass ich hier mitentscheide? Wenn nein, dann sollen es die Chefs tun, die werden schließlich auch dafür fürstlich bezahlt.

Auf der anderen Seite kann Partizipation eine Reihe positiver Effekte bewirken:

Für die Führungskraft bzw. das Unternehmen:

Entlastung von Koordinationsaufgaben
Mehr Zeit für strategische Managementaufgaben
Nutzung des Spezialwissens, der Erfahrung und Kreativität der Mitarbeiter
Förderung des unternehmerischen Denkens beim Mitarbeiter
Neue Ideen und Anregungen / Öffnen der „Scheuklappen“
Höheres Engagement der Mitarbeiter für das Umsetzen des gemeinsam Beschlossenen (Commitment)
Loyalität des Mitarbeiters zum Unternehmen steigt (Dort kann ich „Meines“ umsetzen)
Letztendlich soll sich aus all diesen Faktoren eine höhere Produktivität und eine bessere Zukunftssicherung ergeben

Für den Mitarbeiter:

Größere Transparenz des Aufgabenbereichs
Erkennen größerer Zusammenhänge / Öffnen der „Scheuklappen“
Möglichkeit zur Mitund Selbstbestimmung
Möglichkeit zur kritischen Stellungnahme
Erfolgserlebnisse
Höherer Informationsstand
Entwicklungschancen
Steigende Flexibilität
Aufwertung des Mitarbeiters: das Gefühl, wichtig und wertgeschätzt zu sein

Partizipation kann also viel Konstruktives bewirken. Sie hat aber auch Grenzen.

 

Wo ist Partizipation sinnvoll, wo nicht?
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Partizipation funktioniert?
Was sind Möglichkeiten für den organisatorische Rahmen von Partizipation?

Partizipation kommt dem Wunsch der Menschen entgegen, bei Dingen, von denen sie betroffen sind, mitzureden und mitzuentscheiden. In anderen Bereichen unseres Lebens tauchten in den letzten Jahren Schlagworte wie „mündiger Patient“ oder „mündiger Bürger“ auf. Wenn Menschen als Patienten oder Bürger mündig sein wollen, wollen sie es als Mitarbeiter ebenfalls sein.

Andererseits ist Partizipation im Unternehmen kein Selbstzweck. Sie soll die Qualität und die Akzeptanz einer Entscheidung erhöhen und nicht bloß ein angenehmes Gefühl einer Mitsprachemöglichkeit erzeugen. Weiters darf eines nicht vergessen werden:
die letztendliche Verantwortung für die Entscheidung liegt (mit wenigen Ausnahmen) bei der Führungskraft, egal wie intensiv die Mitarbeiter in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden worden sind.

In welchen Bereichen ist nun die Mitwirkung der Mitarbeiter sinnvoll und wie kann sie organisiert werden?


Partizipation sollte vor allem dort erfolgen, wo

die Mitarbeiter bei der Realisierung einer Entscheidung eine bedeutende Rolle spielen
die Mitarbeiter von einer Entscheidung betroffen sind – und eine autoritäre Entscheidung zu massiver Frustration bei den Mitarbeitern führen würde
möglichst viel unterschiedliches Wissen in eine Problemlösung einfließen muss – und die Führungskraft nicht über ausreichendes Wissen verfügt
bei den Mitarbeitern unterschiedliche Meinungen über Ziele und Maßnahmen vorherrschen


Voraussetzungen für die Mitwirkung der Mitarbeiter sind:

Know-how der Mitarbeiter bezogen auf des Entscheidungsthema
Wille der Mitarbeiter zur Mitwirkung
Konstruktive Einstellung der Mitarbeiters (anfangs ist Meckern noch erlaubt, aber irgendwann muss das Schlechtreden dem Lösungsdenken weichen)
Bereitschaft der Führungskraft, eine echte Mitwirkung zuzulassen
Ausreichend Zeit


Themenfelder der Mitwirkung sind z.B.:

Problemlösungsprozesse (Problemdefinition, Ursachenforschung, Ideenfindung, Maßnahmenplanung)
Gestaltung von Arbeitsprozessen
Funktions- und Rollendefinition (Aufgabendefinition, Zuständigkeiten, Verantwortung, Befugnisse)
Auswahl von Arbeitsmitteln
Gestaltung der Arbeitsumgebung (z.B.: Lärmschutz, Licht, Farbe, ...)
Arbeitsorganisation (Arbeitszeitmodelle, Pausenregelungen, ...)
Visionsfindung, Leitbildentwicklung


Organisatorischer Rahmen der Mitwirkung:

Das jährliche Mitarbeitergespräch
Teambesprechungen
Qualitäts-Zirkel
Projektgruppen
KVP-Prozesse
Open Space-Veranstaltungen
Zukunfts-Werkstätten

Ausmaß der Mitwirkung:

Minimale Partizipation: Die Mitarbeiter werden von einer geplanten Entscheidung informiert. Sie können ihre Meinung dazu äußern.
Diese kann berücksichtigt werden, muss aber nicht.
Die Mitarbeiter haben ein Veto-Recht
Die Mitarbeiter sind an der Entscheidungsfindung aktiv beteiligt.
Die Entscheidung trifft letztendlich die Führungskraft.
Maximale Partizipation: Die Mitarbeiter treffen autonom die Entscheidung.
Die Führungskraft wird lediglich darüber informiert.


Wann ist eine Entscheidung definitiv Chefsache?

Entscheidungen in Krisensituationen, wo so schnell gehandelt werden muss, sodass ein sinnvolles Einbeziehen der Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess nicht möglich ist
Wenn trotz zeitintensiven Beratungen kein Konsens gefunden werden kann, muss die Führungskraft eine Entscheidung treffen, damit eine Handlungsbasis geschaffen wird
Wenn die Führungskraft über gutes Know-how für diese Entscheidung verfügt, der Beitrag der Mitarbeiter die Entscheidung nicht verbessern würde und die Mitarbeiter eine autoritäre Entscheidung gut akzeptieren. Hier ist das Vertrauen der Mitarbeiter in die Fähigkeiten und den guten Willen der Führungskraft entscheidend.
Unangenehme Entscheidungen, welche die Mitarbeiter in unzumutbare Konflikte bringen würden (z.B.: bei notwendigem Personalabbau: Wer muss gehen?)

Egal in welchem organisatorischen Kontext Partizipation erfolgt:
Der Mitarbeiter kann der Führungskraft die letztliche Entscheidung nicht abnehmen.
Er kann aber dazu beitragen, dass eine gute Entscheidung gefunden wird.

Daher sollte die Führungskraft dem Mitarbeiter nicht die Frage stellen:
„Was würden Sie an meiner Stelle tun?“
sondern: „Wie sehen Sie aus Ihrer Perspektive das Ganze?“ (mit „Perspektive“ ist gemeint: aus Ihrer Funktion im Unternehmen heraus, mit Ihrem Fachwissen, Ihrer fachlichen und persönlichen Erfahrung etc.).

Je mehr sich der Mitarbeiter einbringen kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ein Gefühl von Verantwortlichkeit entwickelt und hohes Engagement in die Umsetzung legt.


 

12.05.2003

 

 

 

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