„Hilfe, mein Problem spricht!“
„Houston, wir haben ein Problem!“
Dieser Funkspruch der Apollo-13-Crew an die Bodenkontrolle in Houston ist legendär. Ähnlich drücken wir es auch in Alltagssituationen aus:
Ich habe ein Problem mit ... | |
Wir haben einen Konflikt miteinander | |
Ich habe so viel Druck | |
Ich mache den selben Fehler immer wieder | |
Wenn uns nun bei aller Anstrengung keine Lösung einfallen mag, kann im Sinne einer paradoxen Intervention ein Perspektivenwechsel helfen: wir schlüpfen in die Rolle des Problems und erzählen die Geschichte aus seiner Perspektive.
„Treffen sich zwei Konflikte bei einem Bier ...“
Nehmen wir folgendes Beispiel: In einem Team gibt es schon seit längerer Zeit unangenehme Spannungen, erhöhte Krankenstände und Fluktuation. Einzelne Teammitglieder gehen zur Leitung, um über andere zu schimpfen. Bei Klärungsgesprächen ist das dann aber doch wieder „eh gar kein Problem“. Bei einer Supervision werden „Kommunikationsspielregeln“ entworfen und vereinbart, die aber in der täglichen Praxis schlichtweg ignoriert werden.
Anstatt die Mitarbeiter erneut nachdenken zu lassen, was SIE tun könnten, damit es besser wird, könnte man sie animieren, die Geschichte aus der Perspektive des Konflikts zu erzählen. Gleichzeitig kann man in einem imaginären Dialog mit einem gescheiterten Konflikt auf die Suche nach Lösungen gehen, z.B.:
Konflikt A: „Hallo Kollege, schon lange nicht mehr gesehen. Gut schaust du aus. So voller Energie. Wie kommt denn das?“
Konflikt B: „Danke der Nachfrage. Ich lebe gerade in einem Team, das mich liebt, hegt und pflegt. Die sind so von mir begeistert, dass ich dort noch Jahre gut leben werde.“
Konflikt A: „Gratuliere. Und wie kommt das?“
Konflikt B: „Es gibt dort zwei Gruppen, die nicht miteinander können. Jede glaubt, dass ihr Vorgehen richtig ist und die anderen die Deppen sind. Sie reden wenig miteinander, sondern machen die anderen hinter ihrem Rücken schlecht. Ab und zu holen sie den Chef, aber der ist eigentlich auch ein armes Schwein, weil keiner den Mund aufmacht, um zu sagen, was wirklich Sache ist.“
Konflikt A: „Da hast du aber Glück. Ich bin gerade verzweifelt auf der Suche nach neuen Futtergründen. Aus meinem vorigen Team bin ich regelrecht hinausgemobbt worden. Die haben so fiese Dinge angewendet wie Ehrlichkeit, Offenheit, Respekt, Verständnis und Toleranz. Vor allem haben sie nicht nur darüber geredet, sondern sie praktiziert. Die hatten regelmäßige Besprechungen, wo sie nicht nur über fachliche Dinge gesprochen haben, sondern auch über ihre Stimmung und das persönliche Miteinander. Kaum habe ich versucht, einen Keil zwischen zwei Leute zu treiben, haben sie mich entdeckt, weil sie miteinander geredet und die Sache sofort geklärt haben.“
Konflikt B: „Das ist ja der blanke Horror. Dagegen habe ich für mein „Lügengebäude“ ein stabiles Fundament aus Frustration, Neid, Rechthaberei, Engstirnigkeit, Intoleranz und Feigheit. Das hält ewig.“
Konflikt A: „Wenn du dich da nicht täuschst. Das hatte ich in meinem Team zunächst auch – und es wurde immer besser. Aber dann kam das Böse: Ein neuer Mitarbeiter! Der sah sich das ein paar Tage an und meinte dann: „Seid ihr bescheuert?“ – Und das fragten sich dann ein paar andere auch. Und dann sagte einer: „Es reicht!“ Und ein paar andere sagten: „Du hast recht. Es reicht wirklich“. – Und das war der Anfang von meinem Ende.“
Wenn man Zeit, Lust und Laune hat, kann man so einen Dialog noch vertiefen und weiter in ein Frage-Antwort-Spiel eintauchen. Es darf ruhig einfach formuliert, plakativ und etwas überzeichnet sein. Wichtig ist dabei, dass man einerseits Hypothesen über die Natur des Konflikts entwirft und parallel mögliche Ressourcen und Lösungsideen erkennt.
„Ich bin ein Fehler und das macht Spaß“
Analog kann man bei anderen Situationen vorgehen, bei denen man eine kreative Sichtweise ausprobieren möchte.
Beispiele:
„Ich mache immer den gleichen Fehler“: Schlüpfen Sie in die Rolle des Fehlers und erzählen Sie, wie es Ihnen immer wieder gelingt, aufzutreten, welche „Schwachstellen“ sie nutzen (z.B. Unklarheiten, Unaufmerksamkeit, mangelnde Fähigkeiten, Inkonsequenz) und wie es Ihren bei Ihren vorigen „Wirt“ gegangen ist, dass Sie dort fliehen mussten.
„Ich habe so viel Druck und weiß nicht, was ich tun soll“: Stellen Sie sich vor, sie sind die Verkörperung dieses Drucks, so richtig dick und fett. Nehmen Sie wahr, woraus Sie bestehen, was sich da in Ihrem Inneren angesammelt hat, dass Sie so gut genährt und schwer sind (z.B.: zu viele Tätigkeiten, schlechte Arbeitsorganisation, nicht Nein-sagen-können, ein dominanter Chef, Stolz, Angst vor Jobverlust, ...). Und nun formulieren Sie Ihre größte Angst: „Wenn mein Opfer auf die Idee käme, .... zu tun, dass wär´s aus mit mir“.
Die Geschichte aus der Perspektive des Problems zu erzählen hat mehrere Vorteile:
Wenn alle anderen Herangehensweisen keinen Erfolg gebracht haben, hat man durch diesen paradoxen Perspektivenwechsel eine weitere Chance | |
Man löst sich aus der eigenen Betroffenheit | |
Man kann ziemlich hemmungslos mit Hypothesen und Möglichkeiten spielen (nach dem Motto „Es ist ja nicht (ganz) die Realität sondern nur eine Geschichte“) und umgeht damit die häufig auftretenden Abwehrmuster | |
Es können sich überraschende Zusammenhänge zeigen | |
Und schließlich macht das Schreiben eines Drehbuchs einfach mehr Spaß als das Grübeln über einem Problem | |
22.07.2020
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„Hilfe, mein Problem spricht!“
„Houston, wir haben ein Problem!“
Dieser Funkspruch der Apollo-13-Crew an die Bodenkontrolle in Houston ist legendär. Ähnlich drücken wir es auch in Alltagssituationen aus:
Ich habe ein Problem mit ... | |
Wir haben einen Konflikt miteinander | |
Ich habe so viel Druck | |
Ich mache den selben Fehler immer wieder | |
Wenn uns nun bei aller Anstrengung keine Lösung einfallen mag, kann im Sinne einer paradoxen Intervention ein Perspektivenwechsel helfen: wir schlüpfen in die Rolle des Problems und erzählen die Geschichte aus seiner Perspektive.
„Treffen sich zwei Konflikte bei einem Bier ...“
Nehmen wir folgendes Beispiel: In einem Team gibt es schon seit längerer Zeit unangenehme Spannungen, erhöhte Krankenstände und Fluktuation. Einzelne Teammitglieder gehen zur Leitung, um über andere zu schimpfen. Bei Klärungsgesprächen ist das dann aber doch wieder „eh gar kein Problem“. Bei einer Supervision werden „Kommunikationsspielregeln“ entworfen und vereinbart, die aber in der täglichen Praxis schlichtweg ignoriert werden.
Anstatt die Mitarbeiter erneut nachdenken zu lassen, was SIE tun könnten, damit es besser wird, könnte man sie animieren, die Geschichte aus der Perspektive des Konflikts zu erzählen. Gleichzeitig kann man in einem imaginären Dialog mit einem gescheiterten Konflikt auf die Suche nach Lösungen gehen, z.B.:
Konflikt A: „Hallo Kollege, schon lange nicht mehr gesehen. Gut schaust du aus. So voller Energie. Wie kommt denn das?“
Konflikt B: „Danke der Nachfrage. Ich lebe gerade in einem Team, das mich liebt, hegt und pflegt. Die sind so von mir begeistert, dass ich dort noch Jahre gut leben werde.“
Konflikt A: „Gratuliere. Und wie kommt das?“
Konflikt B: „Es gibt dort zwei Gruppen, die nicht miteinander können. Jede glaubt, dass ihr Vorgehen richtig ist und die anderen die Deppen sind. Sie reden wenig miteinander, sondern machen die anderen hinter ihrem Rücken schlecht. Ab und zu holen sie den Chef, aber der ist eigentlich auch ein armes Schwein, weil keiner den Mund aufmacht, um zu sagen, was wirklich Sache ist.“
Konflikt A: „Da hast du aber Glück. Ich bin gerade verzweifelt auf der Suche nach neuen Futtergründen. Aus meinem vorigen Team bin ich regelrecht hinausgemobbt worden. Die haben so fiese Dinge angewendet wie Ehrlichkeit, Offenheit, Respekt, Verständnis und Toleranz. Vor allem haben sie nicht nur darüber geredet, sondern sie praktiziert. Die hatten regelmäßige Besprechungen, wo sie nicht nur über fachliche Dinge gesprochen haben, sondern auch über ihre Stimmung und das persönliche Miteinander. Kaum habe ich versucht, einen Keil zwischen zwei Leute zu treiben, haben sie mich entdeckt, weil sie miteinander geredet und die Sache sofort geklärt haben.“
Konflikt B: „Das ist ja der blanke Horror. Dagegen habe ich für mein „Lügengebäude“ ein stabiles Fundament aus Frustration, Neid, Rechthaberei, Engstirnigkeit, Intoleranz und Feigheit. Das hält ewig.“
Konflikt A: „Wenn du dich da nicht täuschst. Das hatte ich in meinem Team zunächst auch – und es wurde immer besser. Aber dann kam das Böse: Ein neuer Mitarbeiter! Der sah sich das ein paar Tage an und meinte dann: „Seid ihr bescheuert?“ – Und das fragten sich dann ein paar andere auch. Und dann sagte einer: „Es reicht!“ Und ein paar andere sagten: „Du hast recht. Es reicht wirklich“. – Und das war der Anfang von meinem Ende.“
Wenn man Zeit, Lust und Laune hat, kann man so einen Dialog noch vertiefen und weiter in ein Frage-Antwort-Spiel eintauchen. Es darf ruhig einfach formuliert, plakativ und etwas überzeichnet sein. Wichtig ist dabei, dass man einerseits Hypothesen über die Natur des Konflikts entwirft und parallel mögliche Ressourcen und Lösungsideen erkennt.
„Ich bin ein Fehler und das macht Spaß“
Analog kann man bei anderen Situationen vorgehen, bei denen man eine kreative Sichtweise ausprobieren möchte.
Beispiele:
„Ich mache immer den gleichen Fehler“: Schlüpfen Sie in die Rolle des Fehlers und erzählen Sie, wie es Ihnen immer wieder gelingt, aufzutreten, welche „Schwachstellen“ sie nutzen (z.B. Unklarheiten, Unaufmerksamkeit, mangelnde Fähigkeiten, Inkonsequenz) und wie es Ihren bei Ihren vorigen „Wirt“ gegangen ist, dass Sie dort fliehen mussten.
„Ich habe so viel Druck und weiß nicht, was ich tun soll“: Stellen Sie sich vor, sie sind die Verkörperung dieses Drucks, so richtig dick und fett. Nehmen Sie wahr, woraus Sie bestehen, was sich da in Ihrem Inneren angesammelt hat, dass Sie so gut genährt und schwer sind (z.B.: zu viele Tätigkeiten, schlechte Arbeitsorganisation, nicht Nein-sagen-können, ein dominanter Chef, Stolz, Angst vor Jobverlust, ...). Und nun formulieren Sie Ihre größte Angst: „Wenn mein Opfer auf die Idee käme, .... zu tun, dass wär´s aus mit mir“.
Die Geschichte aus der Perspektive des Problems zu erzählen hat mehrere Vorteile:
Wenn alle anderen Herangehensweisen keinen Erfolg gebracht haben, hat man durch diesen paradoxen Perspektivenwechsel eine weitere Chance | |
Man löst sich aus der eigenen Betroffenheit | |
Man kann ziemlich hemmungslos mit Hypothesen und Möglichkeiten spielen (nach dem Motto „Es ist ja nicht (ganz) die Realität sondern nur eine Geschichte“) und umgeht damit die häufig auftretenden Abwehrmuster | |
Es können sich überraschende Zusammenhänge zeigen | |
Und schließlich macht das Schreiben eines Drehbuchs einfach mehr Spaß als das Grübeln über einem Problem | |
22.07.2020
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