+43 699 10 787805 office@kapl.at
Zukunft gestalten

 

 

Veränderungen nach Drehbuch - Teil 3: Die Stadien der „Reise des Helden“

 

Im diesem Teil werden die verschiedenen Stadien der „Reise des Helden“ und ihre Entsprechungen in der Team- und Organisationsentwicklung näher vorgestellt. Den meisten Stadien sind ein oder mehrere Zitate vorangestellt, teils aus Filmen und teils aus Christopher Voglers Buch „Die Odyssee des Drehbuchschreibers“.

 

 

 

 

 

1. Die gewohnte Welt

 

Hier scheint alles noch in Ordnung zu sein. Alles läuft in den üblichen Bahnen ab. Doch wenn man genauer hinsieht, merkt man, dass Einiges nicht ganz rund läuft. Man hat aber gelernt, es zu kompensieren. Es ziehen Wolken am Horizont auf, von denen aber noch niemand Notiz nimmt.

 

Der normale Alltag / das normale Tagesgeschäft
Das übliche Miteinander
Die Kultur der Organisation
Die Strukturen und Prozesse des Teams und der Gesamtorganisation
Das aktuelle Umfeld (z.B.: Kunden, Lieferanten, Wettbewerb, Politik, Wirtschaftslage, ...)
Aktuelle Schwierigkeiten, die aber noch bewältigbar erscheinen (Probleme, Druck, Engpässe)
Kein oder sehr begrenztes Problembewusstsein
Wunden und Narben, z.B.: Frühere Misserfolge, die sich heute noch auswirken
Selbstzweifel, blockierende Überzeugungen
Enttäuschungen, Verletzungen, Rivalitäten und Feindschaften



2. Ruf des Abenteuers

 

 

„Es geht um Geld, Abenteuer und Ruhm! Das ist die Chance Ihres Lebens! ... und das Schiff wird morgen um sechs in See stechen!“ (Aus dem Drehbuch zu „King Kong“)

„Sorge überschattet den heimatlichen Stamm. Du hörst ihren Ruf im Knurren eurer Mägen und im Weinen eurer hungrigen Kinder. Ringsumher liegt das Land verdorrt und öde. Es besteht kein Zweifel, dass sich jemand über die Grenzen des heimischen Bodens hinauswagen muss. Jenes ferne Land ist unbekannt und erfüllt uns mit Furcht, doch unsere Lage drängt uns, zu handeln und das Wagnis einzugehen, damit das Leben fortdauern kann. Eine der am Feuerplatz versammelten Gestalten erhebt sich. Es ist einer der Stammesältesten, und er zeigt auf dich.
Ja, du bist zum Suchenden erwählt, du bist gerufen aufzubrechen. Du musst dein Leben wagen, damit das größere Leben deines Stammes fortdauern kann.“
(Joseph Campbell)

Wie auch immer der Ruf in Erscheinung tritt – seine zentrale Botschaft ist fast immer: „So kann es nicht weiter gehen“ oder positiv formuliert: „Es kann viel besser sein als jetzt“.

 

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen können das beispielsweise folgende Aspekte sein, die den Mangel bzw. das Problem kritisch werden lassen, z.B.:

Massive Kundenbeschwerde
Deutlicher Verlust von Marktanteilen
Aggressives Wettbewerberverhalten
Ausfall von Schlüssellieferanten
Liquiditätsprobleme
Kündigung von Schlüsselmitarbeitern
Kündigung des Teamleiters
Kritisches Fehlverhalten eines oder mehrerer Mitarbeiter
Mobbing
Gehäufte Konflikte, Missverständnisse
Burnout einer Schlüsselperson
Anfeindung durch andere interne Abteilungen
Druck von oben („So kann das nicht weiter gehen!“)
Auftauchen einer neuen, verlockenden Idee

 

Dadurch entsteht ein gesteigertes Problembewusstsein



3. Weigerung

 

 

„Für so etwas bist du nicht geschaffen, Joan, und das weißt du auch.“ (Aus „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“)

„Der du auch ein Suchender bist - rüste dich zur Reise. Bedenke die möglichen Gefahren, gedenke der vergangenen Unglücke. Das Schreckgespenst des Unbekannten wandelt unter uns, es gebietet unserem Schritt an der Schwelle Einhalt. Einige von uns lehnen die große Suche ab, einige zögern, einigen zerreißt es das Herz, dass ihre Familien um unser Leben fürchten und uns nicht fortlassen wollen. Auch hörst du Leute murren, unsere Reise sei töricht, von Anbeginn zum Scheitern verurteilt. Du spürst die Furcht, dein Atem stockt, und dein Herz schlägt rasend. Solltest du nicht doch beim heimatlichen Stamm bleiben? Sollten nicht besser Andere bei der großen Suche ihr Leben wagen? Bist du wahrhaftig zum Suchenden geschaffen?“

Durch den Ruf wird die erste Ebene des Widerstands aktiviert, denn er stellt den Status quo in Frage und alle Aspekte, die damit verbunden sind (Persönliches, Beziehungen, Arbeit, Zuhause).

 

Schwellenhüter und Dämonen stellen die zweite Ebene des Widerstandes dar. Sie stehen für alle Kräfte in der Persönlichkeit, mit denen sich der Held selbst sabotiert.

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen können das beispielsweise folgende Aspekte sein:

Widerwille gegen die Veränderung
„Es ist doch alles nicht so schlimm“
„Das wird schon wieder“
Mehr desselben wird als Lösung versucht
Führungskraft oder Mitarbeiter werden ausgetauscht, aber sonst bleibt alles beim Alten
Mehr Personal (das es meist nicht gibt) wird als einzige Lösung gesehen
Zahlen bzw. die Situation schönreden
Sich ins Tagesgeschäft stürzen („Augen zu und durch“)
Auftritt der Schwellenhüter

 

Fragen:

Wovor fürchtet man sich?
Welcher Wahrheit will man nicht ins Auge sehen?
Was fürchtet man zu verlieren, wenn man sich auf die Reise macht?
Welche Schwierigkeiten sieht man auf sich zukommen, für die man noch kein Rezept hat?
Worin kommt die Angst zu Ausdruck?



4. Begegnung mit dem Mentor

 

 

„Athene nahm die Gestalt Mentors an und glich ihm so sehr, dass der Anblick Auge und Ohr trog“ (Homer, Odyssee)

„Ihr Suchenden, die ihr voller Furcht dem Abenteuer entgegenblickt, beratet euch mit den Ältesten eures Stammes. Befragt jene, die schon vor euch zu dieser Reise aufgebrochen sind. Erfahrt von ihnen die geheimen Wasserstellen, Wildwechsel und Beerenhaine. Lernt, welche Landstriche gefährlich sind, wie ihr Treibsand und Untieren aus dem Weg gehen könnt. Einer der Alten - zu schwach, als dass er selbst noch mitziehen könnte - zeichnet uns die Wege des Umlands in den Staub. Der Schamane drückt dir etwas in die Hand; eine magische Gabe, einen machtvollen Talisman, der dich schützen und dir den Weg weisen wird. Nun können wir leichteren Herzens und mit größerem Zutrauen aufbrechen, denn wir werden auf unserer Reise die gesamte Weisheit unseres Stammes mit uns führen.“

Der Mentor hilft, den Widerwillen gegen die Veränderung abzubauen, Mut zu fassen und sich auf den Weg zu machen.

 

Der Mentor steht für den edleren, weiseren Teil von uns. Dem Namen „Mentor“ liegt das griechische „menos“ zugrunde, das folgende Bedeutungen haben kann: Absicht, Macht, Zweck, Geist, Seele, Gedanken.

 

Der Mentor wirkt vor allem auf die Geistes-Haltung des Helden ein: Ein guter Mentor kann im wahrsten Sinne des Wortes „be-geistern“. Der Mentor

weckt eine Sehnsucht
reduziert Angst / macht Mut
vermittelt emotionale Sicherheit
macht wichtige Werte und innere Haltungen bewusst bzw. führt neue ein und vermittelt deren Sinn und Nutzen
macht wichtige Stärken bewusst
bietet Methoden und Prozesse an
bringt Außensicht ein
bringt zusätzliches Wissen ein / lehrt
schafft Überblick und Orientierung
motiviert / „tritt den Helden in den Hintern“
stärkt das Selbst-Bewusstsein
hilft dem Helden, seine „Vision“ zu finden (macht Sinn, Identität und Berufung bewusst)
gibt frühzeitig Informationen, die sich erst später als wichtig erweisen
überbringt „Gaben“ (Hinweise, Ratschläge, Hilfsmittel, Werkzeuge, Ressourcen)

 

Der Held muss sich die Gaben des Mentors oft erst verdienen, z.B.:

etwas Neues lernen
etwas Altes aufgeben / ein Opfer bringen
eine (Selbst-)Verpflichtung eingehen

 

 

 

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen treten als Mentoren auf:

Eine Führungskraft, die „Gas gibt“, die Forderung nach Veränderung nachhaltig erhebt – und idealerweise auch einen Weg incl. der ersten Schritte aufzeigt
Eine Führungskraft, die Sehnsucht erweckt und / oder Angst reduziert
Eine Führungskraft, die wichtige Werte bewusst macht bzw. neue einführt und deren Sinn und Nutzen vermittelt
Eine Führungskraft, die wichtige Stärken bewusst macht
Trainer, Berater, Coach, der
die oben bei „Führungskraft“ beschriebenen Dinge (auch) tut
Methoden und Prozesse anbietet
emotionale Sicherheit vermittelt
Außensicht einbringt
zusätzliches Wissen einbringt
Überblick und Orientierung schafft
gemeinsam mit dem Team Ziele und Vorgangsweisen definiert
Sinn, Identität und Berufung des Teams bewusst macht
das Selbst-Bewusstsein stärkt



5. Überschreiten der ersten Schwelle

 

 

„Du brauchst nur dem gelben Weg zu folgen“ (aus „Der Zauberer von Oz“)

 

„Wenn ich noch einen Schritt mache, bin ich weiter von zu Hause weg als je zuvor“ (Sam, im „Herrn der Ringe“)

„Die Reihen der Suchenden haben sich gelichtet. Einige haben uns verlassen, doch wir wenigen, die wir noch übrig sind, sind bereit, die Schwelle zu überschreiten. Unser Abenteuer kann jetzt wirklich beginnen. Jedermann weiß, wie schlecht es um unseren Stamm steht. Die Lage ist verzweifelt - es muss etwas geschehen, und zwar sofort. Mögen unsere Vorbereitungen ausreichend sein oder auch nicht, wir verlassen jetzt beschwingten Schrittes das Dorf. Alles, was uns jemals vertraut war, bleibt hinter uns zurück. Und wie du ausschreitest, spürst du den Zug der unsichtbaren Bande, die dich an jene Menschen ketten, die du liebst. Es fällt dir schwer, all dies hinter dir zu lassen, doch du atmest tief ein und schreitest fort, stürzt dich in den dunklen Abgrund des Unbekannten.
Wir betreten nun ein fremdartiges Niemandsland, eine Welt zwischen den Welten, eine Zone des Übergangs. Vielleicht wird es hier einsam und verlassen sein, vielleicht stoßen wir auf Orte voller Leben. Du spürst die Gegenwart anderer Wesen, anderer Mächte. Mit scharfen Dornen sind sie gerüstet, mit Klauen bewaffnet, so wachen sie über den Weg zu dem Schatz, den du suchst. Aber nun gibt es kein Zurück mehr. Wir alle fühlen es: Das Abenteuer hat begonnen, und es muss weitergehen - komme, was da wolle.“


Das Team oder die Organisation entscheidet sich für den anstehenden Entwicklungsprozess und macht sich auf den Weg. Typische Aspekte dieser Phase sind, z.B.:

Bereitschaft zur Veränderung ist genügend groß geworden
Die Führung entscheidet sich für einen Entwicklungsprozess
Die Leitung findet Mitstreiter im Team (bevorzugt die informellen Führer und andere Schlüsselmitarbeiter) – es entsteht eine „kritische Masse“ an Mitarbeitern, die sich auf den Weg machen
Elemente aus dem „Ruf des Abenteuers“ werden über-kritisch bzw. dramatisch, d.h.: es entsteht die Gewissheit: „Wenn wir jetzt nichts tun und einen Entwicklungsprozess starten, dann überleben wir es nicht“
Schwellenhüter treten als Bremser auf, z.B.:
Eine maßgebliche Führungskraft oder ein informeller Führer des Teams, die/der noch immer glaubt, dass es ohne Veränderung geht
Der Betriebsrat, der durch die Ängste einzelner potenzieller Veränderungsverlierer instrumentalisiert wird und blockiert

Planung eines Teamentwicklungs- oder OE-Prozesses, z.B.: gemeinsam mit einem internen oder externen Organisationsentwickler, Trainer, Berater
Kickoff-Meeting bzw. erster Entwicklungs-Workshop
Kritische Situationsanalyse incl. des offenen Benennens der Probleme und der Ursachenanalyse

Fragen:
Sind wir wirklich und unwiderruflich bereit, uns auf den Entwicklungsprozess einzulassen?
Was ist die Konsequenz, wenn wir den ersten konkreten Schritt ins Unbekannte machen?
Was ist im Gegenzug die Konsequenz, wenn wir so weiter machen wie bisher?
Gibt es Umstände (innere und äußere), die es uns im Moment schwer machen, diesen ersten Schritt zu tun? Wie sieht die „Schwelle“ aus?
Wie können wir mit diesen „Schwellenhütern“ sinnvoll umgehen? Was lernen wir daraus?
Woran erkennen wir, dass die Entscheidung, uns jetzt auf den Weg zu machen, richtig ist?



6. Bewährungsproben, Verbündete, Feinde

 

 

„Sieh mal, du hast doch drei oder vier gute Kumpel ... da brauchst du keinen Stamm - es gibt nichts Stärkeres als gute Kumpel.“ (Aus „Young Guns“)

„Wir Suchenden sind wie gelähmt - diese neue Welt ist so anders als alles, was wir bisher kannten. Nicht nur das Land und seine Bewohner sind anders, auch die Regeln, die hier gelten, könnten nicht seltsamer sein. Hier schätzt man andere Dinge als daheim, und wir haben noch viel über Währungen, Bräuche und Sprachen zu lernen. Und dann diese merkwürdigen Wesen, die auf uns zu kommen! Du musst in deinem Denken geschwind sein! Du darfst das nicht essen, es könnte giftig sein!
Die Reise durch das öde Niemandsland an der Schwelle war anstrengend; wir sind erschöpft und haben bereits genug Zeit verloren. Denkt nur daran, wie sehr der Stamm daheim sich auf uns verlässt! Hört auf, euch umzuschauen - wir müssen uns auf unser Ziel konzentrieren! Wir müssen endlich dorthin ziehen, wo wir Früchte und Wild und Antworten finden. Dort werden unsere Fähigkeiten auf die Probe gestellt, und wir werden dem Ziel unserer Suche einen Schritt näher kommen.“


Die ersten Versuche auf dem Weg der Veränderung werden gemacht. Manches gelingt, vieles scheitert noch. Die Stimmung schwankt zwischen Zuversicht und Mutlosigkeit.

 

Hier einige typische Situationen („Bewährungsproben“) aus der Organisationsentwicklungs-Praxis:

Geplanter erster Workshop wird abgesagt bzw. verschoben (z.B.: wichtiger Schlüsselmitarbeiter ist krank geworden, muss zu wichtigem Kundentermin etc.)
Der Betriebsrat greift heftig ein, weil ihn einzelne blockierende Mitarbeiter aufgestachelt haben
Beim Entwicklungsworkshop gibt es viel destruktives Verhalten, z.B.:
Es wird wenig mitgearbeitet
Es wird nur an der Oberfläche gekratzt
Es wird „heile Welt“ gespielt
Es wird zu vielem Ja gesagt (aber nein gemeint)
Es wird nur pessimistisch gedacht
Viele Killerphrasen auch zu konstruktiven Ansätzen (d.h.: es werden Gründe gefunden, warum etwas nicht geht)
Der Workshop wird von Einzelnen als Bühne missbraucht, um alte Rechnungen zu begleichen
Persönliche Angriffe und Beleidigungen

Nach dem Entwicklungsworkshop gehen die Verweigerer in den Untergrund und stören hinter den Kulissen die Umsetzung
Nach dem Teamentwicklungsworkshop werden vereinbarte Maßnahmen nicht umgesetzt (weil das Tagesgeschäft wichtiger ist etc.) – was bei Mitarbeitern das Gefühl auslöst: „Hat ja eh nichts gebracht“ bzw. „Es ändert sich ja doch nichts“
Bei Maßnahmen, welche die Unterstützung oberer Ebenen erfordern, blockiert diese (z.B.: verweigert Investitionen, Personal etc.)
Es zeigen sich die „Feinde“, z.B.:
Negative emotionale Zustände
Destruktive innere Haltungen und Verhaltensweisen
Das alte System
Schwellenhüter, Schatten, Trickster

Es zeigen sich aber auch „Verbündete“, z.B.:
Positive emotionale Zustände
Konstruktive innere Haltungen und Verhaltensweisen
Erste Erfolgserlebnisse (die offen kommuniziert werden)
Mentoren

Viel informelle Kommunikation spielt sich „im Saloon / der Bar“ ab (sprich: Kaffeeküche, Mittagstisch, Raucher-Ecke)

Fragen:
Wie unterscheidet sich die aktuelle Phase unseres Veränderungsprozesses von unserem bisherigen („normalen“) Ansatz?
Mit welchen anderen Regeln, Anforderungen und Möglichkeiten sind wir konfrontiert?
Wie gehen wir mit den neuen Regeln und Möglichkeiten um? Was lernen wir daraus?
Welche Personen arbeiten gegen uns?
Wo finden wir Gleichgesinnte / Gefährten?
Auf wen können wir uns wirklich verlassen?
Welche förderlichen inneren Haltungen und Emotionen helfen uns, gut voran zu kommen?
Welche negativen inneren Haltungen und Emotionen bremsen uns, halten uns im Alten, ziehen uns hinunter?
Wie meldet sich das Alte immer wieder, um sich zu stabilisieren?
Was unterstützt uns dabei, nicht umzudrehen, sondern den Weg mutig weiter zu gehen?



7. Vordringen zur tiefsten Höhle

 

 

Der feige Löwe: „Jetzt gibt´s nur noch eins, was ihr für mich tun müsst.“
Der Zinnmann: „Nämlich?“
Der feige Löwe: „Mir die Sache wieder ausreden.“
(Aus „Der Zauberer von Oz“)

„Unser Häuflein verlässt nun die Oase am Rande der neuen Welt, wir haben Kräfte gesammelt und wissen nun einiges über die Natur und die Gewohnheiten des Wildes, das wir jagen. Wir sind bereit, ins Herz dieser neuen Welt vorzustoßen, wo uns die größten Schätze erwarten, die von unseren größten Ängsten bewacht werden.
Sieh dich nur unter den Gefährten um: Wir haben uns verändert und werden uns weiter verändern. Wer ist nun der Anführer? Einige, die dem Leben in der gewohnten Welt kaum gewachsen schienen, entwickeln sich hier prachtvoll. Andere, von denen wir dachten, sie seien jedem Abenteuer gewachsen, haben sich hingegen kaum als fähig erwiesen. Eine neue Wahrnehmung deiner selbst und deiner Begleiter bildet sich heraus. Dank dieses neuen Bewusstseins kannst du Pläne schmieden und dich darauf einstellen, genau das zu erreichen, was du von der anderen Welt forderst. Bald schon werden wir die tiefste Höhle betreten.“


Bei diesem Schritt bereitet man sich endgültig auf die wirkliche, große Veränderung und ihre Konsequenzen vor. Hier treten ggf. die Schwellenhüter noch einmal massiv auf. Es ist eine Phase „der schlimmsten Schrecken und der größten Wunder“. „Die tiefste Höhle“ ist ein Zwischenreich zwischen bewussten und unbewussten Aspekten. Der „Drache“ bzw. „Dämon“ in Form von Ängsten, Schatten, Traumata wird nun deutlich sichtbar.

Hier einige typische Aktionen:

Beim Workshop oder dem Coaching der Führung werden erfolgskritische Aspekte und Notfallszenarien besprochen:
Wie kann es gelingen?
Was kann uns hindern – und was tun wir dann?
Was kann jeder zum Gelingen oder Scheitern beitragen?
Mut machen
Aufgaben verteilen
Evaluierungskriterien definieren und Evaluierungszeitpunkte fixieren
d.h.: sich auch „in den Feind hineinversetzen“: Blockaden und Widerstände wahrnehmen, akzeptieren, bearbeiten und transzendieren

Versöhnung mit dem Bisherigen:
Wertschätzen des Guten im Alten
Lessons learned aus Problemen
Vergeben, loslassen

Fragen:
Worum geht es wirklich?
Was ist auf der tiefsten Ebene die Absicht der Veränderung?
Was gilt es wirklich zu überwinden, aufzugeben bzw. zu erreichen?
Welche Ängste, Blockaden und Widerstände werden sichtbar?
Was kann jeder von uns zum Gelingen oder Scheitern der Veränderung beitragen?
Was müssten wir über uns selbst denken, dass wir Zugang zu einer Macht bekomme, die es uns ermöglicht, unser Problem zu überwinden / unser Ziel zu erreichen?
Welcher innere Zustand / Bewusstseinszustand / emotionaler Zustand / welche Geistes-Haltung ist für uns DAS zentrale Tor zu dieser Macht?
Was ist diese Macht eigentlich?

 




8. Entscheidende Prüfung

 

 

James Bond: „Und was erwarten Sie nun von mir, Mr. Goldfinger?“
Goldfinger: „Nun, Mr. Bond, ich erwarte, dass Sie sterben.“
(Aus „Goldfinger“)

„Du Suchender, tritt ein in die tiefste Höhle und finde dort das, was deinem heimischen Stamm das Leben zurückgeben wird. Die Gänge werden niedriger und dunkler. Auf allen Vieren musst du dich voranarbeiten; du bist allein und spürst, wie es dich fast erdrückt. Du kannst kaum noch atmen. Doch plötzlich findest du dich im Zentrum wieder. Vor dir steht eine hoch aufragende Gestalt, ein drohender Schatten, der aus all deiner Furcht und deinem Zweifel besteht und zur Verteidigung des Schatzes wohlgerüstet ist. Warum du auch immer hierher kamst, nun starrt der Tod selbst dich an. Wie die Schlacht auch immer ausgehen mag, du wirst den Tod schmecken, und dies wird dich verändern.“

Bis hierher wurden schon viele zielführende Aktivitäten umgesetzt. Aber noch ist das Neue noch keine eingeübte Routine. Gleichzeitig ist das Alte ist noch lange nicht tot und wartet nur auf seine Chance zur Auferstehung. An dieser Stelle entscheidet es sich, ob man den neuen Weg konsequent weiter geht oder in das alte System zurück fällt.

 

Eine solche „entscheidende Prüfung“ kann z.B. bei einem Workshop passieren oder in der Zeit danach:

Versuch der großen Veränderung kommt an einen „toten Punkt“
Aktuelle Konflikte zeigen sich und eskalieren
Alte Verletzungen brechen auf
Alte Rivalitäten oder Feindschaften verstärken sich
Der Widerstand gegen Veränderung / die Entwicklung wird so groß, dass Mitarbeiter androhen zu kündigen oder tatsächlich gehen
Das alte System stirbt, indem z.B.:
Aufgaben eliminiert bzw. neue eingeführt werden
Prozesse verändert werden
Zuständigkeiten neu verteilt werden
destruktive Spielregeln sanktioniert werden
ggf. Mitarbeiter gehen oder gekündigt werden, weil sie die Veränderung nicht mittragen wollen
alte Bequemlichkeiten bzw. Privilegien verloren gehen
sich Werte-Prioritäten verschieben
sich das Selbst-Verständnis des Teams markant ändert (die alte Identität stirbt)

Es kommt zu einer Neu-Organisation auf allen Ebenen
Es zeigt sich „die größte Angst“ / der Schatten des Teams
Hilfe durch die Mentoren bzw. Wirksamwerden von Fähigkeiten bzw. Prozessen, die gemeinsam in früheren Schritten als erfolgskritische Schritte oder Notfallsszenarien entwickelt wurden
Änderung von Haltungen, z.B.:
Angst ersetzen durch Mut
Optimismus statt Pessimismus
Entschlossenheit und Zielstrebigkeit statt Abwarten
Friedenswille statt Kampf

Fragen:
Was fürchten wir, wird passieren, wenn die Veränderung eingetreten ist?
Was fürchten wir, wird passieren, wenn wir die Veränderung nicht schaffen / wie schlimm könnte es werden, wenn wir jetzt nichts verändern?
Gibt es einen „Bösewicht“? Wenn ja: Welche Anteile des Teams spiegelt er wider (als Projektionsfläche)?
Was ist der zentrale „Dämon“ – und in welcher Form können wir ihn zu unserem Verbündeten machen? Was sind seine positiven Absichten?
Was ist der zentrale Konflikt – und wie können wir die verschiedenen Kräfte in Balance bringen?
Was vom Alten muss unwiderruflich „sterben“, damit das Neue leben kann?
Bewusstmachen unserer zentralen Werte: Was wäre so wichtig, dass wir es keinesfalls verlieren / unbedingt erreichen möchten, auch wenn alles Andere verloren ginge?
Was können wir wirklich gewinnen, wenn wir all die Risiken der Veränderungen eingehen?



9. Belohnung / Ergreifen des Schwertes

„Wir kamen, wir sahen, wir haben ihn in den Arsch getreten.“ (Aus „Ghostbusters“)

„Wir Suchenden schauen einander lächelnd an. Wir haben das Recht erworben, Helden genannt zu werden. Um des heimischen Stammes willen sind wir dem Tod gegenübergetreten, wir kennen ihn, und wir leben trotzdem noch. Aus dem Abgrund des Schreckens sind wir unvermittelt zum Sieg emporgeschossen. Nun ist es an der Zeit, dass wir unsere hungrigen Mägen füllen, unsere Stimme erheben und rings ums Lagerfeuer das Lied von unseren Taten hören lassen. Alte Wunden und Schmerzen sind nun vergessen. Die Geschichte unserer Reise ist bereits gesponnen.
Du hältst dich etwas abseits von den Anderen und bist seltsam still. In den flackernden Schatten erkennst du all die, die es nicht geschafft haben. Und du erkennst noch etwas: Du bist anders geworden; ja, du hast dich verändert. Ein Teil von dir ist gestorben, etwas Neues ist dafür geboren worden. Du und die Welt, ihr werdet nie wieder das sein, was ihr einmal wart. Auch dies ist eine Belohnung dafür, dass du dem Tod ins Auge geschaut hast.“


Man hat den toten Punkt überwunden, die zentralen Hindernisse überwunden und ist den neuen Weg konsequent weiter gegangen. Inzwischen läuft schon Vieles zufriedenstellend, und es ist Zeit, die ersten Erfolge zu reflektieren und zu feiern.

 

Dazu finden erste Evaluierungsgespräche bzw. –workshops statt, bei denen die Folgen der Veränderungen reflektiert werden:

Was hat sich verbessert? Was hat die Veränderung an Positivem gebracht, auch wenn manches noch ungewohnt ist?
Was gelingt leichter, besser, fast wie von selbst?
Wobei / von wem zeigt sich unerwartete Unterstützung?
Bekräftigung des nützlichen Neuen (Prozesse, Aufgabenverteilung, Haltungen etc.): „Es ist gut, weil ....“
Stärkung der neuen Team-Identität / gestärktes Selbst-Bewusstsein:
„Was sagt uns das über uns, dass wir uns in dieser Weise verändert haben und das gut finden?“
Was ist der „gute Kern“ des Neuen?



10. Rückweg

„Leicht ist es, in die Unterwelt hinab zu steigen. Doch den Schritt zu wenden und wieder zur Luft der Erde zu flieh´n – dies ist die wahre Mühe“ (Vergil: „Aeneis“)

„Ihr Suchenden, erwacht! Schüttelt die Nachwirkungen unseres Fests von euch ab und erinnert euch daran, weshalb wir hierher kamen! Die Zeit drängt; unser Volk daheim leidet Hunger. Nun, da wir uns von den Mühen der Prüfung erholt haben, müssen wir geschwind unsere Ranzen mit Nahrung und Schätzen füllen und uns auf den Heimweg machen. Wer könnte zudem sagen, welche Gefahren noch immer in diesen Jagdgründen lauern? Am Rande des Lagers hältst du inne und schaust zurück. All das wird daheim niemand glauben. Wie sollst du es ihnen nur erzählen? Da fällt dein Blick auf etwas Glitzerndes am Boden. Du bückst dich danach, hebst es auf - es ist ein wunderhübscher glatter, schimmernder Stein. Doch plötzlich springt dich ein finsterer Schatten an. Du kannst Reißzähne und Klauen erkennen. Lauf! Lauf um dein Leben!“


In dieser Phase ist der Prozess schon relativ weit, aber dennoch in Gefahr, weil die Menschen in der Organisation unterschiedlich weit sind (im Bereich ihrer Fähigkeiten bezüglich des Neuen und in ihrer inneren Haltung). Dadurch kann es zu einem Wechsel von Erfolgen einerseits sowie Konflikten, Fehlern und Rückzugstendenzen andererseits kommen:
Umsetzung des Neuen in der alltäglichen Arbeit
Rückfall in das Alte (weil es gewohnt, eingeübt, vertraut ist) – gerade unter Stress
Bemerken des Rückfalls und bewusstes Anwenden des Neuen
Sabotageversuche der Verweigerer, Opponenten
Schatten werden wieder aktiv und versuchen zu stören
Erste Probleme, bei denen das Neue versagt – und Zweifel aufkommen, ob es wirklich so gut ist wie gedacht
Erneute Selbstbesinnung auf die Veränderung

Fragen:
In welchen Situationen fallen wir wieder in alte Verhaltensweisen zurück?
In welchen Situationen versagt das Neue noch?
Wie können wir sicherstellen, dass wir unsere neuen Vorgangsweisen auch in kritischen Situationen richtig anwenden?
Wie können wir uns das Neue immer wieder in Erinnerung rufen, es üben und festigen?
Welche Aspekte des Alten müssen wir unwiderruflich opfern, damit das Neue leben kann?



11. Auferstehung

„Was soll ich denn tun, alter Freund? Ich bin doch tot, oder?“ (aus „Der dritte Mann)

„Wir Suchenden schleppen uns müde zu unserem Dorf zurück. Seht nur! Dort! Der Rauch der altvertrauten Feuerstelle. Schreitet schneller aus, Gefährten! Doch halt - dort steht der Schamane und will uns daran hindern, das Dorf zu betreten. Ihr seid im Lande des Todes gewesen, so sagt er, und ihr seht aus wie der leibhaftige Tod. Über und über seid ihr mit Blut befleckt, das vom Fleisch und den Häuten eurer Jagdbeute stammt. Ihr müsst ein letztes Opfer bringen, ehe ihr mit dem Stamm wieder eins werden könnt. Als Krieger müsst ihr absterben, auf dass ihr in Unschuld im Stamm wiedergeboren werden könnt. Die Kunst besteht darin, die üblen Folgen der Prüfung abzustreifen, ohne deren gute Lehren zu vergessen. Ihr Gefährten auf der Suche: nach allem, was wir bis jetzt durchgestanden haben, müssen wir nun noch eine Probe bestehen! Und dies wird vielleicht die schwierigste von allen sein.“

In weiteren Evaluierungsrunden werden die veränderten Ansätze auf ihre Erfolgsrelevanz überprüft und ggf. feingeschliffen. In dieser Phase kann es auch passieren, dass ein unvorhergesehenes, kritisches Ereignis eintritt, das alles noch einmal auf den Prüfstand stellt.
Abschließender Versuch der großen Veränderung
Eine schwierige Situation, in der sich das Neue bewähren muss, z.B.:
Schwierige Situation mit Kunden, Lieferanten etc.
Intrigen im Team
Anfeindungen aus anderen Bereichen des Unternehmens, weil sich die Veränderung auf sie auswirkt
Verweigerer bzw. Änderungsverlierer kündigen

Endgültiges Aufgeben alter, überholter Rituale, Spielregeln etc.
Erneutes Evaluieren:
Was haben wir in der Umsetzungsphase des Neuen gelernt? Wo müssen wir ggf. nachjustieren?
Ist das Neue wirklich verinnerlicht? Wenden wir es auch in einer akuten Stress-Situation an (bewusst oder automatisiert-unbewusst)?



12. Rückkehr mit dem Elixier

„Nein, Tante Emmy, das war ein sehr lebendiger Ort. Und ich kann mich erinnern, dass da nicht alles nett war. Aber das meiste war doch wunderschön. Aber trotzdem habe ich immerzu allen gesagt: Ich will wieder zurück nach Hause.“ (Aus „Der Zauberer von Oz“)

„Nun sind wir Suchenden endlich wieder daheim, gereinigt, geläutert und mit den Früchten unserer Reise beladen. Wir teilen unsere Jagdbeute und unsere Schätze mit unserem Stamm und wissen viele gute Geschichten von unseren Erlebnissen zu erzählen. Ihr könnt es fühlen: Ein Kreis hat sich geschlossen. Ihr könnt sehen, wie unsere Mühen und Anstrengungen auf dem Weg der Helden dem Land neues Leben geschenkt haben. Es werden andere Abenteuer kommen, doch dieses ist nun vollendet; es hat unserer Welt Genesung, Wohlergehen, Ganzheit gebracht.“

Es ist geschafft. Das Team bzw. die Organisation hat die Veränderung auf allen Ebenen erfolgreich vollzogen. Das Neue hat sich bewährt und das Team bzw. die Organisation voran gebracht und auch für die Mitarbeiter eine Verbesserung ihrer Situation bewirkt.
Endgültiges Meistern des Problems
Tagesgeschäft im neuen Stil
Das Neue ist verinnerlicht, ist alltäglich geworden und wird unbewusst angewendet („ .... als ob wir es schon immer so gemacht hätten“)
Die wesentlichen Lernerfahrungen sind Teil der Identität und der Wertehaltung des Teams geworden




 

Eine "Kurzversion" der Reise des Helden finden Sie auch www.heros-timeline.eu.




 

Literatur:

 

Campbell, J. (1949): The Hero with a Thousand Faces. New York. Bollingen Foundation.

 

Kostka, C. & Mönch, A. (2009): Change Management: 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen. München. Carl Hanser.

 

Rogers, E. (1983): The Diffusion of Innovations. New York. Free Press.

 

Vogler, C. (1997): Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Frankfurt am Main. Zweitausendeins.



 

11.01.2014

 

 


Für mich persönlich
 
Zukunft gestalten
 
Konflikte, Krisen & Emotionen
 
Leadership
 
Teamwork
 
Gastbeiträge

 

 

Zukunft gestalten

 

 

Veränderungen nach Drehbuch - Teil 3: Die Stadien der „Reise des Helden“

 

Im diesem Teil werden die verschiedenen Stadien der „Reise des Helden“ und ihre Entsprechungen in der Team- und Organisationsentwicklung näher vorgestellt. Den meisten Stadien sind ein oder mehrere Zitate vorangestellt, teils aus Filmen und teils aus Christopher Voglers Buch „Die Odyssee des Drehbuchschreibers“.

 

 

 

 

 

1. Die gewohnte Welt

 

Hier scheint alles noch in Ordnung zu sein. Alles läuft in den üblichen Bahnen ab. Doch wenn man genauer hinsieht, merkt man, dass Einiges nicht ganz rund läuft. Man hat aber gelernt, es zu kompensieren. Es ziehen Wolken am Horizont auf, von denen aber noch niemand Notiz nimmt.

 

Der normale Alltag / das normale Tagesgeschäft
Das übliche Miteinander
Die Kultur der Organisation
Die Strukturen und Prozesse des Teams und der Gesamtorganisation
Das aktuelle Umfeld (z.B.: Kunden, Lieferanten, Wettbewerb, Politik, Wirtschaftslage, ...)
Aktuelle Schwierigkeiten, die aber noch bewältigbar erscheinen (Probleme, Druck, Engpässe)
Kein oder sehr begrenztes Problembewusstsein
Wunden und Narben, z.B.: Frühere Misserfolge, die sich heute noch auswirken
Selbstzweifel, blockierende Überzeugungen
Enttäuschungen, Verletzungen, Rivalitäten und Feindschaften



2. Ruf des Abenteuers

 

 

„Es geht um Geld, Abenteuer und Ruhm! Das ist die Chance Ihres Lebens! ... und das Schiff wird morgen um sechs in See stechen!“ (Aus dem Drehbuch zu „King Kong“)

„Sorge überschattet den heimatlichen Stamm. Du hörst ihren Ruf im Knurren eurer Mägen und im Weinen eurer hungrigen Kinder. Ringsumher liegt das Land verdorrt und öde. Es besteht kein Zweifel, dass sich jemand über die Grenzen des heimischen Bodens hinauswagen muss. Jenes ferne Land ist unbekannt und erfüllt uns mit Furcht, doch unsere Lage drängt uns, zu handeln und das Wagnis einzugehen, damit das Leben fortdauern kann. Eine der am Feuerplatz versammelten Gestalten erhebt sich. Es ist einer der Stammesältesten, und er zeigt auf dich.
Ja, du bist zum Suchenden erwählt, du bist gerufen aufzubrechen. Du musst dein Leben wagen, damit das größere Leben deines Stammes fortdauern kann.“
(Joseph Campbell)

Wie auch immer der Ruf in Erscheinung tritt – seine zentrale Botschaft ist fast immer: „So kann es nicht weiter gehen“ oder positiv formuliert: „Es kann viel besser sein als jetzt“.

 

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen können das beispielsweise folgende Aspekte sein, die den Mangel bzw. das Problem kritisch werden lassen, z.B.:

Massive Kundenbeschwerde
Deutlicher Verlust von Marktanteilen
Aggressives Wettbewerberverhalten
Ausfall von Schlüssellieferanten
Liquiditätsprobleme
Kündigung von Schlüsselmitarbeitern
Kündigung des Teamleiters
Kritisches Fehlverhalten eines oder mehrerer Mitarbeiter
Mobbing
Gehäufte Konflikte, Missverständnisse
Burnout einer Schlüsselperson
Anfeindung durch andere interne Abteilungen
Druck von oben („So kann das nicht weiter gehen!“)
Auftauchen einer neuen, verlockenden Idee

 

Dadurch entsteht ein gesteigertes Problembewusstsein



3. Weigerung

 

 

„Für so etwas bist du nicht geschaffen, Joan, und das weißt du auch.“ (Aus „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“)

„Der du auch ein Suchender bist - rüste dich zur Reise. Bedenke die möglichen Gefahren, gedenke der vergangenen Unglücke. Das Schreckgespenst des Unbekannten wandelt unter uns, es gebietet unserem Schritt an der Schwelle Einhalt. Einige von uns lehnen die große Suche ab, einige zögern, einigen zerreißt es das Herz, dass ihre Familien um unser Leben fürchten und uns nicht fortlassen wollen. Auch hörst du Leute murren, unsere Reise sei töricht, von Anbeginn zum Scheitern verurteilt. Du spürst die Furcht, dein Atem stockt, und dein Herz schlägt rasend. Solltest du nicht doch beim heimatlichen Stamm bleiben? Sollten nicht besser Andere bei der großen Suche ihr Leben wagen? Bist du wahrhaftig zum Suchenden geschaffen?“

Durch den Ruf wird die erste Ebene des Widerstands aktiviert, denn er stellt den Status quo in Frage und alle Aspekte, die damit verbunden sind (Persönliches, Beziehungen, Arbeit, Zuhause).

 

Schwellenhüter und Dämonen stellen die zweite Ebene des Widerstandes dar. Sie stehen für alle Kräfte in der Persönlichkeit, mit denen sich der Held selbst sabotiert.

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen können das beispielsweise folgende Aspekte sein:

Widerwille gegen die Veränderung
„Es ist doch alles nicht so schlimm“
„Das wird schon wieder“
Mehr desselben wird als Lösung versucht
Führungskraft oder Mitarbeiter werden ausgetauscht, aber sonst bleibt alles beim Alten
Mehr Personal (das es meist nicht gibt) wird als einzige Lösung gesehen
Zahlen bzw. die Situation schönreden
Sich ins Tagesgeschäft stürzen („Augen zu und durch“)
Auftritt der Schwellenhüter

 

Fragen:

Wovor fürchtet man sich?
Welcher Wahrheit will man nicht ins Auge sehen?
Was fürchtet man zu verlieren, wenn man sich auf die Reise macht?
Welche Schwierigkeiten sieht man auf sich zukommen, für die man noch kein Rezept hat?
Worin kommt die Angst zu Ausdruck?



4. Begegnung mit dem Mentor

 

 

„Athene nahm die Gestalt Mentors an und glich ihm so sehr, dass der Anblick Auge und Ohr trog“ (Homer, Odyssee)

„Ihr Suchenden, die ihr voller Furcht dem Abenteuer entgegenblickt, beratet euch mit den Ältesten eures Stammes. Befragt jene, die schon vor euch zu dieser Reise aufgebrochen sind. Erfahrt von ihnen die geheimen Wasserstellen, Wildwechsel und Beerenhaine. Lernt, welche Landstriche gefährlich sind, wie ihr Treibsand und Untieren aus dem Weg gehen könnt. Einer der Alten - zu schwach, als dass er selbst noch mitziehen könnte - zeichnet uns die Wege des Umlands in den Staub. Der Schamane drückt dir etwas in die Hand; eine magische Gabe, einen machtvollen Talisman, der dich schützen und dir den Weg weisen wird. Nun können wir leichteren Herzens und mit größerem Zutrauen aufbrechen, denn wir werden auf unserer Reise die gesamte Weisheit unseres Stammes mit uns führen.“

Der Mentor hilft, den Widerwillen gegen die Veränderung abzubauen, Mut zu fassen und sich auf den Weg zu machen.

 

Der Mentor steht für den edleren, weiseren Teil von uns. Dem Namen „Mentor“ liegt das griechische „menos“ zugrunde, das folgende Bedeutungen haben kann: Absicht, Macht, Zweck, Geist, Seele, Gedanken.

 

Der Mentor wirkt vor allem auf die Geistes-Haltung des Helden ein: Ein guter Mentor kann im wahrsten Sinne des Wortes „be-geistern“. Der Mentor

weckt eine Sehnsucht
reduziert Angst / macht Mut
vermittelt emotionale Sicherheit
macht wichtige Werte und innere Haltungen bewusst bzw. führt neue ein und vermittelt deren Sinn und Nutzen
macht wichtige Stärken bewusst
bietet Methoden und Prozesse an
bringt Außensicht ein
bringt zusätzliches Wissen ein / lehrt
schafft Überblick und Orientierung
motiviert / „tritt den Helden in den Hintern“
stärkt das Selbst-Bewusstsein
hilft dem Helden, seine „Vision“ zu finden (macht Sinn, Identität und Berufung bewusst)
gibt frühzeitig Informationen, die sich erst später als wichtig erweisen
überbringt „Gaben“ (Hinweise, Ratschläge, Hilfsmittel, Werkzeuge, Ressourcen)

 

Der Held muss sich die Gaben des Mentors oft erst verdienen, z.B.:

etwas Neues lernen
etwas Altes aufgeben / ein Opfer bringen
eine (Selbst-)Verpflichtung eingehen

 

 

 

Auf der Ebene von Teams oder Organisationen treten als Mentoren auf:

Eine Führungskraft, die „Gas gibt“, die Forderung nach Veränderung nachhaltig erhebt – und idealerweise auch einen Weg incl. der ersten Schritte aufzeigt
Eine Führungskraft, die Sehnsucht erweckt und / oder Angst reduziert
Eine Führungskraft, die wichtige Werte bewusst macht bzw. neue einführt und deren Sinn und Nutzen vermittelt
Eine Führungskraft, die wichtige Stärken bewusst macht
Trainer, Berater, Coach, der
die oben bei „Führungskraft“ beschriebenen Dinge (auch) tut
Methoden und Prozesse anbietet
emotionale Sicherheit vermittelt
Außensicht einbringt
zusätzliches Wissen einbringt
Überblick und Orientierung schafft
gemeinsam mit dem Team Ziele und Vorgangsweisen definiert
Sinn, Identität und Berufung des Teams bewusst macht
das Selbst-Bewusstsein stärkt



5. Überschreiten der ersten Schwelle

 

 

„Du brauchst nur dem gelben Weg zu folgen“ (aus „Der Zauberer von Oz“)

 

„Wenn ich noch einen Schritt mache, bin ich weiter von zu Hause weg als je zuvor“ (Sam, im „Herrn der Ringe“)

„Die Reihen der Suchenden haben sich gelichtet. Einige haben uns verlassen, doch wir wenigen, die wir noch übrig sind, sind bereit, die Schwelle zu überschreiten. Unser Abenteuer kann jetzt wirklich beginnen. Jedermann weiß, wie schlecht es um unseren Stamm steht. Die Lage ist verzweifelt - es muss etwas geschehen, und zwar sofort. Mögen unsere Vorbereitungen ausreichend sein oder auch nicht, wir verlassen jetzt beschwingten Schrittes das Dorf. Alles, was uns jemals vertraut war, bleibt hinter uns zurück. Und wie du ausschreitest, spürst du den Zug der unsichtbaren Bande, die dich an jene Menschen ketten, die du liebst. Es fällt dir schwer, all dies hinter dir zu lassen, doch du atmest tief ein und schreitest fort, stürzt dich in den dunklen Abgrund des Unbekannten.
Wir betreten nun ein fremdartiges Niemandsland, eine Welt zwischen den Welten, eine Zone des Übergangs. Vielleicht wird es hier einsam und verlassen sein, vielleicht stoßen wir auf Orte voller Leben. Du spürst die Gegenwart anderer Wesen, anderer Mächte. Mit scharfen Dornen sind sie gerüstet, mit Klauen bewaffnet, so wachen sie über den Weg zu dem Schatz, den du suchst. Aber nun gibt es kein Zurück mehr. Wir alle fühlen es: Das Abenteuer hat begonnen, und es muss weitergehen - komme, was da wolle.“


Das Team oder die Organisation entscheidet sich für den anstehenden Entwicklungsprozess und macht sich auf den Weg. Typische Aspekte dieser Phase sind, z.B.:

Bereitschaft zur Veränderung ist genügend groß geworden
Die Führung entscheidet sich für einen Entwicklungsprozess
Die Leitung findet Mitstreiter im Team (bevorzugt die informellen Führer und andere Schlüsselmitarbeiter) – es entsteht eine „kritische Masse“ an Mitarbeitern, die sich auf den Weg machen
Elemente aus dem „Ruf des Abenteuers“ werden über-kritisch bzw. dramatisch, d.h.: es entsteht die Gewissheit: „Wenn wir jetzt nichts tun und einen Entwicklungsprozess starten, dann überleben wir es nicht“
Schwellenhüter treten als Bremser auf, z.B.:
Eine maßgebliche Führungskraft oder ein informeller Führer des Teams, die/der noch immer glaubt, dass es ohne Veränderung geht
Der Betriebsrat, der durch die Ängste einzelner potenzieller Veränderungsverlierer instrumentalisiert wird und blockiert

Planung eines Teamentwicklungs- oder OE-Prozesses, z.B.: gemeinsam mit einem internen oder externen Organisationsentwickler, Trainer, Berater
Kickoff-Meeting bzw. erster Entwicklungs-Workshop
Kritische Situationsanalyse incl. des offenen Benennens der Probleme und der Ursachenanalyse

Fragen:
Sind wir wirklich und unwiderruflich bereit, uns auf den Entwicklungsprozess einzulassen?
Was ist die Konsequenz, wenn wir den ersten konkreten Schritt ins Unbekannte machen?
Was ist im Gegenzug die Konsequenz, wenn wir so weiter machen wie bisher?
Gibt es Umstände (innere und äußere), die es uns im Moment schwer machen, diesen ersten Schritt zu tun? Wie sieht die „Schwelle“ aus?
Wie können wir mit diesen „Schwellenhütern“ sinnvoll umgehen? Was lernen wir daraus?
Woran erkennen wir, dass die Entscheidung, uns jetzt auf den Weg zu machen, richtig ist?



6. Bewährungsproben, Verbündete, Feinde

 

 

„Sieh mal, du hast doch drei oder vier gute Kumpel ... da brauchst du keinen Stamm - es gibt nichts Stärkeres als gute Kumpel.“ (Aus „Young Guns“)

„Wir Suchenden sind wie gelähmt - diese neue Welt ist so anders als alles, was wir bisher kannten. Nicht nur das Land und seine Bewohner sind anders, auch die Regeln, die hier gelten, könnten nicht seltsamer sein. Hier schätzt man andere Dinge als daheim, und wir haben noch viel über Währungen, Bräuche und Sprachen zu lernen. Und dann diese merkwürdigen Wesen, die auf uns zu kommen! Du musst in deinem Denken geschwind sein! Du darfst das nicht essen, es könnte giftig sein!
Die Reise durch das öde Niemandsland an der Schwelle war anstrengend; wir sind erschöpft und haben bereits genug Zeit verloren. Denkt nur daran, wie sehr der Stamm daheim sich auf uns verlässt! Hört auf, euch umzuschauen - wir müssen uns auf unser Ziel konzentrieren! Wir müssen endlich dorthin ziehen, wo wir Früchte und Wild und Antworten finden. Dort werden unsere Fähigkeiten auf die Probe gestellt, und wir werden dem Ziel unserer Suche einen Schritt näher kommen.“


Die ersten Versuche auf dem Weg der Veränderung werden gemacht. Manches gelingt, vieles scheitert noch. Die Stimmung schwankt zwischen Zuversicht und Mutlosigkeit.

 

Hier einige typische Situationen („Bewährungsproben“) aus der Organisationsentwicklungs-Praxis:

Geplanter erster Workshop wird abgesagt bzw. verschoben (z.B.: wichtiger Schlüsselmitarbeiter ist krank geworden, muss zu wichtigem Kundentermin etc.)
Der Betriebsrat greift heftig ein, weil ihn einzelne blockierende Mitarbeiter aufgestachelt haben
Beim Entwicklungsworkshop gibt es viel destruktives Verhalten, z.B.:
Es wird wenig mitgearbeitet
Es wird nur an der Oberfläche gekratzt
Es wird „heile Welt“ gespielt
Es wird zu vielem Ja gesagt (aber nein gemeint)
Es wird nur pessimistisch gedacht
Viele Killerphrasen auch zu konstruktiven Ansätzen (d.h.: es werden Gründe gefunden, warum etwas nicht geht)
Der Workshop wird von Einzelnen als Bühne missbraucht, um alte Rechnungen zu begleichen
Persönliche Angriffe und Beleidigungen

Nach dem Entwicklungsworkshop gehen die Verweigerer in den Untergrund und stören hinter den Kulissen die Umsetzung
Nach dem Teamentwicklungsworkshop werden vereinbarte Maßnahmen nicht umgesetzt (weil das Tagesgeschäft wichtiger ist etc.) – was bei Mitarbeitern das Gefühl auslöst: „Hat ja eh nichts gebracht“ bzw. „Es ändert sich ja doch nichts“
Bei Maßnahmen, welche die Unterstützung oberer Ebenen erfordern, blockiert diese (z.B.: verweigert Investitionen, Personal etc.)
Es zeigen sich die „Feinde“, z.B.:
Negative emotionale Zustände
Destruktive innere Haltungen und Verhaltensweisen
Das alte System
Schwellenhüter, Schatten, Trickster

Es zeigen sich aber auch „Verbündete“, z.B.:
Positive emotionale Zustände
Konstruktive innere Haltungen und Verhaltensweisen
Erste Erfolgserlebnisse (die offen kommuniziert werden)
Mentoren

Viel informelle Kommunikation spielt sich „im Saloon / der Bar“ ab (sprich: Kaffeeküche, Mittagstisch, Raucher-Ecke)

Fragen:
Wie unterscheidet sich die aktuelle Phase unseres Veränderungsprozesses von unserem bisherigen („normalen“) Ansatz?
Mit welchen anderen Regeln, Anforderungen und Möglichkeiten sind wir konfrontiert?
Wie gehen wir mit den neuen Regeln und Möglichkeiten um? Was lernen wir daraus?
Welche Personen arbeiten gegen uns?
Wo finden wir Gleichgesinnte / Gefährten?
Auf wen können wir uns wirklich verlassen?
Welche förderlichen inneren Haltungen und Emotionen helfen uns, gut voran zu kommen?
Welche negativen inneren Haltungen und Emotionen bremsen uns, halten uns im Alten, ziehen uns hinunter?
Wie meldet sich das Alte immer wieder, um sich zu stabilisieren?
Was unterstützt uns dabei, nicht umzudrehen, sondern den Weg mutig weiter zu gehen?



7. Vordringen zur tiefsten Höhle

 

 

Der feige Löwe: „Jetzt gibt´s nur noch eins, was ihr für mich tun müsst.“
Der Zinnmann: „Nämlich?“
Der feige Löwe: „Mir die Sache wieder ausreden.“
(Aus „Der Zauberer von Oz“)

„Unser Häuflein verlässt nun die Oase am Rande der neuen Welt, wir haben Kräfte gesammelt und wissen nun einiges über die Natur und die Gewohnheiten des Wildes, das wir jagen. Wir sind bereit, ins Herz dieser neuen Welt vorzustoßen, wo uns die größten Schätze erwarten, die von unseren größten Ängsten bewacht werden.
Sieh dich nur unter den Gefährten um: Wir haben uns verändert und werden uns weiter verändern. Wer ist nun der Anführer? Einige, die dem Leben in der gewohnten Welt kaum gewachsen schienen, entwickeln sich hier prachtvoll. Andere, von denen wir dachten, sie seien jedem Abenteuer gewachsen, haben sich hingegen kaum als fähig erwiesen. Eine neue Wahrnehmung deiner selbst und deiner Begleiter bildet sich heraus. Dank dieses neuen Bewusstseins kannst du Pläne schmieden und dich darauf einstellen, genau das zu erreichen, was du von der anderen Welt forderst. Bald schon werden wir die tiefste Höhle betreten.“


Bei diesem Schritt bereitet man sich endgültig auf die wirkliche, große Veränderung und ihre Konsequenzen vor. Hier treten ggf. die Schwellenhüter noch einmal massiv auf. Es ist eine Phase „der schlimmsten Schrecken und der größten Wunder“. „Die tiefste Höhle“ ist ein Zwischenreich zwischen bewussten und unbewussten Aspekten. Der „Drache“ bzw. „Dämon“ in Form von Ängsten, Schatten, Traumata wird nun deutlich sichtbar.

Hier einige typische Aktionen:

Beim Workshop oder dem Coaching der Führung werden erfolgskritische Aspekte und Notfallszenarien besprochen:
Wie kann es gelingen?
Was kann uns hindern – und was tun wir dann?
Was kann jeder zum Gelingen oder Scheitern beitragen?
Mut machen
Aufgaben verteilen
Evaluierungskriterien definieren und Evaluierungszeitpunkte fixieren
d.h.: sich auch „in den Feind hineinversetzen“: Blockaden und Widerstände wahrnehmen, akzeptieren, bearbeiten und transzendieren

Versöhnung mit dem Bisherigen:
Wertschätzen des Guten im Alten
Lessons learned aus Problemen
Vergeben, loslassen

Fragen:
Worum geht es wirklich?
Was ist auf der tiefsten Ebene die Absicht der Veränderung?
Was gilt es wirklich zu überwinden, aufzugeben bzw. zu erreichen?
Welche Ängste, Blockaden und Widerstände werden sichtbar?
Was kann jeder von uns zum Gelingen oder Scheitern der Veränderung beitragen?
Was müssten wir über uns selbst denken, dass wir Zugang zu einer Macht bekomme, die es uns ermöglicht, unser Problem zu überwinden / unser Ziel zu erreichen?
Welcher innere Zustand / Bewusstseinszustand / emotionaler Zustand / welche Geistes-Haltung ist für uns DAS zentrale Tor zu dieser Macht?
Was ist diese Macht eigentlich?

 




8. Entscheidende Prüfung

 

 

James Bond: „Und was erwarten Sie nun von mir, Mr. Goldfinger?“
Goldfinger: „Nun, Mr. Bond, ich erwarte, dass Sie sterben.“
(Aus „Goldfinger“)

„Du Suchender, tritt ein in die tiefste Höhle und finde dort das, was deinem heimischen Stamm das Leben zurückgeben wird. Die Gänge werden niedriger und dunkler. Auf allen Vieren musst du dich voranarbeiten; du bist allein und spürst, wie es dich fast erdrückt. Du kannst kaum noch atmen. Doch plötzlich findest du dich im Zentrum wieder. Vor dir steht eine hoch aufragende Gestalt, ein drohender Schatten, der aus all deiner Furcht und deinem Zweifel besteht und zur Verteidigung des Schatzes wohlgerüstet ist. Warum du auch immer hierher kamst, nun starrt der Tod selbst dich an. Wie die Schlacht auch immer ausgehen mag, du wirst den Tod schmecken, und dies wird dich verändern.“

Bis hierher wurden schon viele zielführende Aktivitäten umgesetzt. Aber noch ist das Neue noch keine eingeübte Routine. Gleichzeitig ist das Alte ist noch lange nicht tot und wartet nur auf seine Chance zur Auferstehung. An dieser Stelle entscheidet es sich, ob man den neuen Weg konsequent weiter geht oder in das alte System zurück fällt.

 

Eine solche „entscheidende Prüfung“ kann z.B. bei einem Workshop passieren oder in der Zeit danach:

Versuch der großen Veränderung kommt an einen „toten Punkt“
Aktuelle Konflikte zeigen sich und eskalieren
Alte Verletzungen brechen auf
Alte Rivalitäten oder Feindschaften verstärken sich
Der Widerstand gegen Veränderung / die Entwicklung wird so groß, dass Mitarbeiter androhen zu kündigen oder tatsächlich gehen
Das alte System stirbt, indem z.B.:
Aufgaben eliminiert bzw. neue eingeführt werden
Prozesse verändert werden
Zuständigkeiten neu verteilt werden
destruktive Spielregeln sanktioniert werden
ggf. Mitarbeiter gehen oder gekündigt werden, weil sie die Veränderung nicht mittragen wollen
alte Bequemlichkeiten bzw. Privilegien verloren gehen
sich Werte-Prioritäten verschieben
sich das Selbst-Verständnis des Teams markant ändert (die alte Identität stirbt)

Es kommt zu einer Neu-Organisation auf allen Ebenen
Es zeigt sich „die größte Angst“ / der Schatten des Teams
Hilfe durch die Mentoren bzw. Wirksamwerden von Fähigkeiten bzw. Prozessen, die gemeinsam in früheren Schritten als erfolgskritische Schritte oder Notfallsszenarien entwickelt wurden
Änderung von Haltungen, z.B.:
Angst ersetzen durch Mut
Optimismus statt Pessimismus
Entschlossenheit und Zielstrebigkeit statt Abwarten
Friedenswille statt Kampf

Fragen:
Was fürchten wir, wird passieren, wenn die Veränderung eingetreten ist?
Was fürchten wir, wird passieren, wenn wir die Veränderung nicht schaffen / wie schlimm könnte es werden, wenn wir jetzt nichts verändern?
Gibt es einen „Bösewicht“? Wenn ja: Welche Anteile des Teams spiegelt er wider (als Projektionsfläche)?
Was ist der zentrale „Dämon“ – und in welcher Form können wir ihn zu unserem Verbündeten machen? Was sind seine positiven Absichten?
Was ist der zentrale Konflikt – und wie können wir die verschiedenen Kräfte in Balance bringen?
Was vom Alten muss unwiderruflich „sterben“, damit das Neue leben kann?
Bewusstmachen unserer zentralen Werte: Was wäre so wichtig, dass wir es keinesfalls verlieren / unbedingt erreichen möchten, auch wenn alles Andere verloren ginge?
Was können wir wirklich gewinnen, wenn wir all die Risiken der Veränderungen eingehen?



9. Belohnung / Ergreifen des Schwertes

„Wir kamen, wir sahen, wir haben ihn in den Arsch getreten.“ (Aus „Ghostbusters“)

„Wir Suchenden schauen einander lächelnd an. Wir haben das Recht erworben, Helden genannt zu werden. Um des heimischen Stammes willen sind wir dem Tod gegenübergetreten, wir kennen ihn, und wir leben trotzdem noch. Aus dem Abgrund des Schreckens sind wir unvermittelt zum Sieg emporgeschossen. Nun ist es an der Zeit, dass wir unsere hungrigen Mägen füllen, unsere Stimme erheben und rings ums Lagerfeuer das Lied von unseren Taten hören lassen. Alte Wunden und Schmerzen sind nun vergessen. Die Geschichte unserer Reise ist bereits gesponnen.
Du hältst dich etwas abseits von den Anderen und bist seltsam still. In den flackernden Schatten erkennst du all die, die es nicht geschafft haben. Und du erkennst noch etwas: Du bist anders geworden; ja, du hast dich verändert. Ein Teil von dir ist gestorben, etwas Neues ist dafür geboren worden. Du und die Welt, ihr werdet nie wieder das sein, was ihr einmal wart. Auch dies ist eine Belohnung dafür, dass du dem Tod ins Auge geschaut hast.“


Man hat den toten Punkt überwunden, die zentralen Hindernisse überwunden und ist den neuen Weg konsequent weiter gegangen. Inzwischen läuft schon Vieles zufriedenstellend, und es ist Zeit, die ersten Erfolge zu reflektieren und zu feiern.

 

Dazu finden erste Evaluierungsgespräche bzw. –workshops statt, bei denen die Folgen der Veränderungen reflektiert werden:

Was hat sich verbessert? Was hat die Veränderung an Positivem gebracht, auch wenn manches noch ungewohnt ist?
Was gelingt leichter, besser, fast wie von selbst?
Wobei / von wem zeigt sich unerwartete Unterstützung?
Bekräftigung des nützlichen Neuen (Prozesse, Aufgabenverteilung, Haltungen etc.): „Es ist gut, weil ....“
Stärkung der neuen Team-Identität / gestärktes Selbst-Bewusstsein:
„Was sagt uns das über uns, dass wir uns in dieser Weise verändert haben und das gut finden?“
Was ist der „gute Kern“ des Neuen?



10. Rückweg

„Leicht ist es, in die Unterwelt hinab zu steigen. Doch den Schritt zu wenden und wieder zur Luft der Erde zu flieh´n – dies ist die wahre Mühe“ (Vergil: „Aeneis“)

„Ihr Suchenden, erwacht! Schüttelt die Nachwirkungen unseres Fests von euch ab und erinnert euch daran, weshalb wir hierher kamen! Die Zeit drängt; unser Volk daheim leidet Hunger. Nun, da wir uns von den Mühen der Prüfung erholt haben, müssen wir geschwind unsere Ranzen mit Nahrung und Schätzen füllen und uns auf den Heimweg machen. Wer könnte zudem sagen, welche Gefahren noch immer in diesen Jagdgründen lauern? Am Rande des Lagers hältst du inne und schaust zurück. All das wird daheim niemand glauben. Wie sollst du es ihnen nur erzählen? Da fällt dein Blick auf etwas Glitzerndes am Boden. Du bückst dich danach, hebst es auf - es ist ein wunderhübscher glatter, schimmernder Stein. Doch plötzlich springt dich ein finsterer Schatten an. Du kannst Reißzähne und Klauen erkennen. Lauf! Lauf um dein Leben!“


In dieser Phase ist der Prozess schon relativ weit, aber dennoch in Gefahr, weil die Menschen in der Organisation unterschiedlich weit sind (im Bereich ihrer Fähigkeiten bezüglich des Neuen und in ihrer inneren Haltung). Dadurch kann es zu einem Wechsel von Erfolgen einerseits sowie Konflikten, Fehlern und Rückzugstendenzen andererseits kommen:
Umsetzung des Neuen in der alltäglichen Arbeit
Rückfall in das Alte (weil es gewohnt, eingeübt, vertraut ist) – gerade unter Stress
Bemerken des Rückfalls und bewusstes Anwenden des Neuen
Sabotageversuche der Verweigerer, Opponenten
Schatten werden wieder aktiv und versuchen zu stören
Erste Probleme, bei denen das Neue versagt – und Zweifel aufkommen, ob es wirklich so gut ist wie gedacht
Erneute Selbstbesinnung auf die Veränderung

Fragen:
In welchen Situationen fallen wir wieder in alte Verhaltensweisen zurück?
In welchen Situationen versagt das Neue noch?
Wie können wir sicherstellen, dass wir unsere neuen Vorgangsweisen auch in kritischen Situationen richtig anwenden?
Wie können wir uns das Neue immer wieder in Erinnerung rufen, es üben und festigen?
Welche Aspekte des Alten müssen wir unwiderruflich opfern, damit das Neue leben kann?



11. Auferstehung

„Was soll ich denn tun, alter Freund? Ich bin doch tot, oder?“ (aus „Der dritte Mann)

„Wir Suchenden schleppen uns müde zu unserem Dorf zurück. Seht nur! Dort! Der Rauch der altvertrauten Feuerstelle. Schreitet schneller aus, Gefährten! Doch halt - dort steht der Schamane und will uns daran hindern, das Dorf zu betreten. Ihr seid im Lande des Todes gewesen, so sagt er, und ihr seht aus wie der leibhaftige Tod. Über und über seid ihr mit Blut befleckt, das vom Fleisch und den Häuten eurer Jagdbeute stammt. Ihr müsst ein letztes Opfer bringen, ehe ihr mit dem Stamm wieder eins werden könnt. Als Krieger müsst ihr absterben, auf dass ihr in Unschuld im Stamm wiedergeboren werden könnt. Die Kunst besteht darin, die üblen Folgen der Prüfung abzustreifen, ohne deren gute Lehren zu vergessen. Ihr Gefährten auf der Suche: nach allem, was wir bis jetzt durchgestanden haben, müssen wir nun noch eine Probe bestehen! Und dies wird vielleicht die schwierigste von allen sein.“

In weiteren Evaluierungsrunden werden die veränderten Ansätze auf ihre Erfolgsrelevanz überprüft und ggf. feingeschliffen. In dieser Phase kann es auch passieren, dass ein unvorhergesehenes, kritisches Ereignis eintritt, das alles noch einmal auf den Prüfstand stellt.
Abschließender Versuch der großen Veränderung
Eine schwierige Situation, in der sich das Neue bewähren muss, z.B.:
Schwierige Situation mit Kunden, Lieferanten etc.
Intrigen im Team
Anfeindungen aus anderen Bereichen des Unternehmens, weil sich die Veränderung auf sie auswirkt
Verweigerer bzw. Änderungsverlierer kündigen

Endgültiges Aufgeben alter, überholter Rituale, Spielregeln etc.
Erneutes Evaluieren:
Was haben wir in der Umsetzungsphase des Neuen gelernt? Wo müssen wir ggf. nachjustieren?
Ist das Neue wirklich verinnerlicht? Wenden wir es auch in einer akuten Stress-Situation an (bewusst oder automatisiert-unbewusst)?



12. Rückkehr mit dem Elixier

„Nein, Tante Emmy, das war ein sehr lebendiger Ort. Und ich kann mich erinnern, dass da nicht alles nett war. Aber das meiste war doch wunderschön. Aber trotzdem habe ich immerzu allen gesagt: Ich will wieder zurück nach Hause.“ (Aus „Der Zauberer von Oz“)

„Nun sind wir Suchenden endlich wieder daheim, gereinigt, geläutert und mit den Früchten unserer Reise beladen. Wir teilen unsere Jagdbeute und unsere Schätze mit unserem Stamm und wissen viele gute Geschichten von unseren Erlebnissen zu erzählen. Ihr könnt es fühlen: Ein Kreis hat sich geschlossen. Ihr könnt sehen, wie unsere Mühen und Anstrengungen auf dem Weg der Helden dem Land neues Leben geschenkt haben. Es werden andere Abenteuer kommen, doch dieses ist nun vollendet; es hat unserer Welt Genesung, Wohlergehen, Ganzheit gebracht.“

Es ist geschafft. Das Team bzw. die Organisation hat die Veränderung auf allen Ebenen erfolgreich vollzogen. Das Neue hat sich bewährt und das Team bzw. die Organisation voran gebracht und auch für die Mitarbeiter eine Verbesserung ihrer Situation bewirkt.
Endgültiges Meistern des Problems
Tagesgeschäft im neuen Stil
Das Neue ist verinnerlicht, ist alltäglich geworden und wird unbewusst angewendet („ .... als ob wir es schon immer so gemacht hätten“)
Die wesentlichen Lernerfahrungen sind Teil der Identität und der Wertehaltung des Teams geworden




 

Eine "Kurzversion" der Reise des Helden finden Sie auch www.heros-timeline.eu.




 

Literatur:

 

Campbell, J. (1949): The Hero with a Thousand Faces. New York. Bollingen Foundation.

 

Kostka, C. & Mönch, A. (2009): Change Management: 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen. München. Carl Hanser.

 

Rogers, E. (1983): The Diffusion of Innovations. New York. Free Press.

 

Vogler, C. (1997): Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Frankfurt am Main. Zweitausendeins.



 

11.01.2014

 

 

 

KONTAKT WEITERES RECHTLICHES

Dr. Gerhard Kapl – Consulting • Training • Coaching
Lärchenauerstraße 2a
4020 Linz, Österreich
Telefon +43 699 10 78 78 05
E-Mail: office@kapl.at

Team
Philosophie
Netzwerk
Kunden

Impressum
Datenschutz
AGB

 

 

KONTAKT

Dr. Gerhard Kapl – Consulting • Training • Coaching
Lärchenauerstraße 2a
4020 Linz, Österreich
Telefon +43 699 10 78 78 05
E-Mail: office@kapl.at

 

Sitemap